laut.de-Kritik
Klasse Punkrock mit Schmackes, Herz und Melodie.
Review von Jürgen LugerthEines haben die Punkbands der 'späteren' Generation(en) den berühmten Erfindern des Genres auf jeden Fall voraus. Nämlich Beständigkeit. Denn während Gründerväter des Punk wie die Sex Pistols, The Damned oder The Clash nach kurzer und heftiger Blüte binnen weniger Jahre ausgebrannt waren und auseinander fielen, schauen Epigonen wie Bad Religion, NOFX, The Offspring oder Green Day mittlerweile auf Jahrzehnte lange Karrieren zurück.
Auch Rancid aus Berkeley in Kalifornien stehen schon seit 1991 auf der Bühne und können mittlerweile sogar als ältere Herrschaften angesehen werden. Wenn man sich aber ihr neues Krachwerk "Trouble Maker" reinzieht, kann von Abnutzungserscheinungen kaum die Rede sein. Ich habe jedenfalls seit langer Zeit keine so fette, schwungvolle, abwechslungsreiche und souveräne Punkscheibe mehr gehört. Momentan läuft das Ding bei mir in der Heavy Rotation, und von Langeweile gibt es auch im zehnten Durchlauf keine Spur.
Das hat seine Gründe. Denn die Jungs beherrschen zum einen ihr Punk-ABC und darüber hinaus, was früher geradezu geächtet war, ihre Instrumente. Auch der Umstand, dass sich alle Musiker des flotten Vierers mit Ausnahme des Schlagzeugers am Mikrofon versuchen und da eine gute Figur machen, sorgt für erfreulich viel Farbe. Dazu kommt noch ein augenzwinkernd lockerer Blick über den Tellerrand der reinen Punk-Lehre und nicht zuletzt mit Matt Freeman ein Mann am Bass, der die übrige Band trickreich und unerbittlich nach vorne treibt.
Schon das erste Stück "Fast Track" gibt die Richtung vor. Diese knappe Minute konsequenten Lärms wird dem Songtitel mehr als gerecht. Es folgen sechzehn wunderbare Statements aufmüpfigen Lebensgefühls, voller Reminiszenzen an artverwandte Bands und musikalische Gefilde, in denen sich auch der nicht ganz so stumpfe, sozusagen polyglotte Punk-Fan wohl fühlt.
"Telegraph Avenue" beklaut dezent sowohl die großartigen Social Distortion als auch Johnny Cash, "An Intimate Close Up Of A Street Punk Troublemaker" könnte gleich von Mister Mike Ness persönlich geschrieben worden sein, "Where I'm Going" ist Ska-Power pur, "Buddy" rockt nachdrücklich und tiefenlastig, transportiert da und dort so etwas wie Casio-Klänge und spendiert uns zum Abschluss noch ein richtig geiles Gitarrensolo. Einfach sexy!
Man könnte die ganze Platte Titel für Titel durchgehen, ohne einen Ausfall zu verzeichnen. Aber wir wollen es nicht übertreiben. Richtig geil ist die absolut stimmige Suicidal Tendencies-Hommage "All American Neighborhood". Der darauf folgende breitbeinige Glamrocker "Bovver Rock And Roll" legt nahe, dass die Buben in ihrer Jugendzeit fleißig ihre T.Rex, Slade und Status Quo studiert haben. Schönes Teil!
Und so reiht sich eine Perle des energetischen und unbekümmerten Punkparty-Rock an die andere, wobei das schwungvolle "Beauty Of The Pool Hall", das nostalgische "Say Goodbye To Our Heroes" oder das gitarrenselige "I Kept A Promise" noch herausstechen. Letztlich ist das aber Quatsch, denn hier ist wirklich jeder verdammte Schuss ein Volltreffer und man kann sich nur wünschen, dass der letzte Track "This Is Not The End" ernst gemeint ist und die Wahrheit spricht. Am Ende ist auch noch das Cover-Artwork richtig stimmungsvoll und atmosphärisch passend.
Tja. Die Höchstwertung für eine schnöde Punkplatte, geht das denn? Ja, das geht sogar sehr gut! Kaufen!
11 Kommentare mit 174 Antworten
5 sterne? Neeee dazu ist sie nicht herausragend genug. Aber definitiv die beste Rancidscheibe seit dem selbstbetitelten von 2000. 4/5 wären angemessen
echt die selftitled? fand da indestructible wesentlich stärker
Ist sicherlich geschmackssache die self titled. Ich find sie klasse, weil sie von vorne bis hinten durchballert. Muss man aber auch in der Stimmung für sein.
Indestructible finden viele großartig, mir persönlich war die aber zu glatt.
Und wie war sie dir unpersönlich?
Für molten ist ein Albung nur 5/5 wenn es 1a in Franggen auf einem Dorffest laufen kann!
Och, wenn man sieht, was für Pflaumenteile hier fünf Sterne kriegen, geht das schon ok. Schickes Ding! Der fünfte ist halt dann sowas wie ein Sympathiepunkt. Kann damit leben.
Völlig konventionelles Punk-Album. Maximal 3/5.
Rancid, die Siffpunks. Die leben auch noch. Nicht besonders anspruchsvoll, aber machen die doch gut dafür. Wunderbar zum Abschalten. 4/5 durchaus drin.
OK, solide und gut... aber nicht überragend. Leider altern nicht alle Bands so stilbewusst.
Nach dem zweiten Mal hören hat sich mein erster Eindruck bestätigt. Rancid gehen mit viel Spielfreude und Energie zur Sache und veröffentlichen ein straightes Punkrockalbum ohne Schnickschnack. Die richtigen Gassenhauer, die man sofort mitgröhlen kann, haben sie schon besser hingekriegt und die grandiosen Soundideen, die "Indestructible" seinerzeit zum Album des Jahrzehnts gemacht haben, sucht man vergebens, aber das geht schon klar.
Was ich nicht verstehe, ist der schrottige Mix. Vor allem die Drums klingen teilweise wie im Proberaum aufgenommen und versacken irgendwo, von Räumlichkeit keine Spur. Bei irgendeinem Stück wummert mir ein einzelnes Bassdrum-Mikro viel zu laut ins Ohr, während der Rest irgendwo im Hintergrund vor sich hin matscht. Ärgerlich, zumal die Band hier wirklich schon weit besseres abgeliefert hat und das Budget für eine vernünftige Produktion verfügbar sein dürfte. Damit gibt's leider nur 3/5.