laut.de-Kritik
Melancholischer Indie-Pop, der nicht weh tut.
Review von Martin LeuteWieder so eine von Kritikern gefeierte Band, der der kommerzielle Durchbruch einfach nicht recht gelingen mag. Zu unzeitgemäß, zu sentimental oder einfach nur eine Band unter vielen anderen? Mit der Bezeichnung Indie-Folk-Pop und Verweisen auf Richard Hawley, The Divine Comedy und die Tindersticks ist diese Musik nur unzureichend beschrieben, häufige Vergleiche mit Elliott Smith und Nick Drake sind absolut deplaziert und führen in die Irre. So einfach ist das nicht.
Die Band stammt aus London, gruppiert sich um die Brüder Nev und Mark Bradford und hat hierzulande im Januar dieses Jahres ihr erstes, schönes Album "Deep Blue Happy" veröffentlicht. Der Nachfolger "Daylight In The Darkroom" verspricht eine Kollektion von zehn melancholischen und epischen Songs, die sich sachte ausbreiten, aber nie in der völligen Dunkelheit verlieren. Jederzeit schimmert das wärmende, tröstende Licht durch die Töne und die Lyrics. So werden Befindlichkeiten und die Weite des Raumes ausgelotet.
Die Arrangements und die Stimmung der Songs ähneln sich, keiner hebt sich in besonderem Maße ab. Die markante, eindringliche, aber auch monotone Stimme Nev Bradfords steht jederzeit im Zentrum und wird von Mark und Band in fließende, schwebende und pointierte Gitarrenlandschaften und Soundcollagen eingebettet. Laut/Leise-Kontraste bringen Dynamik in die schlichten Songstrukturen. Ruhige Lieder, die unauffällig vorüber ziehen.
Es findet sich kein Refrain, der sich in hymnische oder theatralische Höhen aufschwingt, Zurückhaltung ist das Konzept. Dezent führt mal eine Steel-, mal eine Slidegitarre durch die Stücke.
Das Album klingt, als ob sich Chris Isaak mit den Pink Floyd aus der "Dark Side Of The Moon"-Ära auf musikalische Entdeckungsreise begeben würde. Sphärisch, intensiv und ein wenig psychedelisch. Und Mercury Rev stehen kopfschüttelnd im Hintergrund.
Lyrisch stehen Ray in der Nähe Leonard Cohens. Wie in dessen besten Songs rückt "Daylight Of The Darkroom" die Hoffnungslosigkeit mit einem ausgleichenden Lichtblick zurecht. Jedem "Open your eyes you're too young/ you're too wise/ for your broken eyes" (Godspeed To You The Avalanche") steht ein "Yours is a warm smile that breaks as a sea/ with wave over wave now it crashes towards me" ("The Mountain") gegenüber.
Diese Platte ist weder absolut finster, noch erstrahlt sie blendendem Glanz. Sie positioniert sich in der Mitte zwischen Melancholie und Freude, zwischen Pessimismus und Optimismus, irgendwie weder Fisch noch Fleisch. Mittelmäßigkeit bringt es auf den Punkt. Das Album lässt sich durchhören, ohne dabei in Staunen zu versetzen, aber auch ohne anzuecken.
Die detaillierte, vorsichtige Inszenierung und die saubere Produktion von John Rivers tragen Sorge dafür, dass sowohl Brüche als auch Spannungen ausbleiben, die man sich manchmal wünscht. Diese Monotonie ist durchaus beabsichtigt und entfaltet eine melancholische Atmosphäre, die nicht weh tut. Ray liefern mit "Daylight In The Darkroom" ein schwermütig lächelndes Popalbum ab, das keine Wunden aufreißt, aber auch keine kathartischen Spuren hinterlässt.
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