laut.de-Kritik
Hochglanzroutine statt Herzblut liefert Gefühle auf Pump.
Review von Elias RaatzRea Garvey ist längst zum Synonym für leicht rockigen Radio-Pop geworden: solide produziert, verlässlich gesungen, emotional aufgeladen und doch irgendwie seelenlos – Hochglanzroutine statt Herzblut eben. Mit "Before I Met Supergirl" liefert der gebürtige Ire erneut ein handwerklich gutes, aber künstlerisch schlafwandelndes Album ab, dessen Songs perfekt ins Nachmittagsprogramm der nächstbesten Mainstream-Welle passen. Garvey hat seine Erfolgsformel gefunden – und weigert sich hartnäckig, sie zu verändern, schließlich spült sie zuverlässig Geld in die Künstlerkasse.
"Take This Heart" eröffnet den Reigen aus gefälligem Pop-Rock mit leichtem Coolness-Touch. Die Melodie geht ins Ohr, die Produktion glänzt, aber die musikalische DNA kommt aus dem Baukasten – schon tausendmal gehört, nie wirklich berührt: "She said / Take this heart / And put it somewhere where it’s safe from harm / A secret place that only we can go."
Bei "Kids In Love" blitzt Garveys Talent kurz auf: das markant Rauchige in seiner Stimme, das Kratzige, das ihn einst von anderen Radiostars unterschied. Doch kaum hat man das Gefühl, da passiert etwas, fällt der Song zurück in die altbekannte Pop-Rock-Ballade aus dem Lehrbuch und liefert Gefühle auf Pump.
"Irish Eyes" kündigt sich melancholisch an, mit Klavierintro und erwartbarem Pathos. Es geht ins Ohr, ja – aber eher so wie ein Werbejingle für Lebensversicherungen. Dass Garvey Herzblut hineinlegt, glaubt man ihm sogar fast, doch das Ergebnis bleibt oberflächlich und lässt musikalischen Tiefgang vermissen.
Auch "Girl You’re Going To Get It All" folgt demselben Schema: ruhige Strophen, lauter Refrain, alles sauber abgemischt und perfekt fürs Klatschen auf die falschen Zählzeiten. Das klingt so professionell wie belanglos. "Hell Or High Water" zeigt zumindest erneut, dass Garvey singen kann. Doch wenn sich alles gleich anhört, wird selbst stimmliche Qualität irgendwann Hintergrundrauschen.
Dann aber plötzlich ein kurzer Lichtstrahl: "Mercy" überrascht mit einem Sprechgesang, beinahe Rap. Und siehe da – es funktioniert. Für einen Moment weht der Geist Eminems durch die Lautsprecher, Garvey klingt locker, rhythmisch souverän, fast befreit. Es ist die einzige echte Überraschung des Albums – und sie tut gut. Ich traue es mich fast nicht zu schreiben, aber: der Track fetzt!
Danach geht’s zumindest ausgehend vom Songtitel mit Eminem-Vibe weiter, doch "Not Afraid" rutscht wieder in das gewohnte Schema der sterilen Pop-Rock-Ballade. Minimal anderer Aufbau und minimal andere Dynamik sorgen immerhin für ein bisschen Abwechslung im sonst so glatten Verlauf des Albums, in dem ein Song wie der nachfolgende "Come Home" gänzlich untergeht.
"Names On The Wall" versucht sich an echter Emotion. Garvey bleibt in der Balladenstimmung, hält sie konsequent durch – und erreicht tatsächlich fast so etwas wie Tiefe. Rechnen wir positiv, das Album braucht jeden Lichtblick. Dunkler wird’s nämlich wieder direkt im Anschluss mit "Candlelight" und "Sorry Days", die sich auch als "2025-Remastered-Version" wie derselbe austauschbare, seichte Pathos-Pop anhören – ein Déjà-vu-Feeling der vorhersehbaren Art.
Dafür wagt "Letter To My Sister" zumindest musikalisch etwas: Jazzige Elemente, ein leicht grooviger Rhythmus, Kopfnick-Garantie. Für einen Moment wirkt das Album lebendig. Doch dann kommt eine überproduzierte, gar deplatziert rockige Bridge, die alles wieder zunichtemacht – als hätte jemand in letzter Sekunde Angst vor echtem Groove bekommen.
"Head In My Hands" zieht noch einmal leicht rockig an, bevor "My Irish Bonny Lass" das Album schließlich mit einer Art irischem Pub-Folk abschließt. Klingt zwar anders als der Rest des Albums, ja, ist aber trotzdem inspirationslos – wie ein Bonus-Track, der nur zeigt, dass auch Abwechslung ohne Ideen nichts rettet.
"Before I Met Supergirl" ist gut gesungen, sauber produziert und klingt an keiner Stelle wirklich schlecht. Aber Rea Garvey steht musikalisch still. Seine Songs wollen berühren, schaffen es aber nicht. Statt Weiterentwicklung folgt Wiederholung, statt Gefühl gibt‘s Routine. Rea Garvey kann’s eigentlich – aber er will einfach nichts Neues wagen.


6 Kommentare mit 6 Antworten
Der olle Spießer.
Würde sich eigentlich Sandra Nasić als "Supergirl" besingen lassen? Oh nein, jetzt sehe ich nächste Woche wieder lauter Menschen, die aussehen wie... seufz...
Beim Blick auf's Cover hab' ich erst gedacht, René Benko bringt ein Album raus...und möglicherweise wäre das sogar besser.
er sollte ein best of irish rebel songs veröffentlichen
Da mag jemand Rea wohl nicht besonders.
Dieser Artikel grenzt schon fast an Unverschämtheit. Aber so hat ja jeder seine Meinung.
Aber hey, wie gut, dass Rea seine Fans hat, die hinter ihm stehen und ihn feiern.
Das Album ist großartig, genau wie Rea als Musiker und Mensch ❤️
Entschuldige, ich hab das noch nicht ganz verstanden. Bist du ein Fan von Rea?
Chabos wissen, dass Rea scheiße ist.
Und seine Fans wissen, dass es nicht so ist.
Es gibt noch ReaFans? Noch zwei? Gar keine mehr?
Gar nicht so verkehrt. Mit seinen Marathons, Fahrrad- und Bustouren durch ganz Europa begeistert er viele junge Leute, die sich Fragen, was bedeutet das eigentlich, Teil von etwas zu sein, für etwas zu brennen, sich durchzubeißen!? Find den Klasse, den Typen. Engagiert sich auch viel in unterschiedlichen Initiativen. Wir müssen Leuten mehr zu hören, die wissen wie es ist, an der Straße zu stehen! Von mir gibt's Respekt.
Manche würden behaupten, Rea Garvey ist der Rea Garvey der Musik.
Schlimmer als die Great Famine.