laut.de-Kritik
Schwerfällig wie ein Tag am Güterbahnhof.
Review von Matthias MantheMal ganz unter uns: Im Grunde ihrer Herzen sind und bleiben Männervereine wie Isis und Neurosis geerdete Rockercliquen. Da mag die versammelte Journaille noch so gern ein "Post-" voransetzen, da können die Kunstschaffenden selbst die Zugehörigkeit zu einer ohnehin sterbenden Avantgarde proklamieren - Sinn finden die Anhänger dieser Formationen letztendlich doch im Moment der Vorahnung und des Auslebens jenes urrockigen Vibratos in der Magengegend. So war's gedacht, so soll es sein.
Addieren sich diverse Isis- und Neurosis-Mitglieder neu zusammen, ändert das folglich nicht zwingend die Summe. So funktionieren auch Red Sparowes vor allem zum Zwecke einer Rockgefühl-Synthese. Andere Zuständigkeiten, anderer Stil, dieselbe Attitüde. Der Weg zum Ziel führt nur eben stärker über die klassische Postrockschiene: Epische Songlängen, repetitive Klangmuster und Strukturen, orchestrale Arrangements und Verzicht auf jeglichen Gesang.
"Every Red Heart Shines Towards A Red Sun" ist nun bereits die zweite Auflage des Märchens vom Rockwolf im Postrock-Pelz. Und deutlicher als zuvor sticht eine Tatsache hervor: Red Sparowes kommen zu spät. Die Zeit scheint abgelaufen für diese Form des Wall Of Sound. Denn wer sich nicht imstande sieht, dem Genre auch nur eine Unze Mehrwert hinzuzufügen, ist in rockhistorischer Hinsicht schlicht und ergreifend redundant.
Das Debüt "At The Soundless Dawn" vermochte den offenkundigen Makel noch durch eine mitunter beinahe hektische Intensität zu überdecken. Heuer hat die temporale Breite die Dynamik auf dem Gewissen. Einem einstündigen Dauerjam gleich, rauscht das Album im unteren Midtempo-Bereich vorbei. Als stünde man an einem Güterbahnhof und beobachte den ganzen Tag eisenschwere Maschinen beim Ein- und Ausfahren. Adjektivisch ausgedrückt: stoisch bis langatmig, unaufgeregt, äußerst berechenbar.
Das große Plus des Erstlings war die mystische Atmosphäre einer bedeutungsschwangeren Nacht, die ungeduldig dem vielleicht letzten Sonnenaufgang entgegenfiebert. Dieser Stimmung spüren Red Sparowes hier über weite Strecken vergeblich nach. Während 2005 erst spät Bonusmeilen gesammelt wurden, besitzt der Nachfolger die Spannungskurve einer ausgiebigen Meditation.
Natürlich leistet das Quintett nichstdestotrotz ordentliches Handwerk. Instrumentalrock-Enthusiasten, die dem progressiven Anspruch des Postrock wenig Bedeutung beimessen, finden hierin also möglicherweise ihr Glück. Wer bereits Musik von Godspeed You Black Emperor! oder Explosions In The Sky sein Eigen nennt, kann diese Platte jedoch getrost stehen lassen.
17 Kommentare
So, das Album ist in den USA ja scheinbar bereits herausgekommen und nachdem der Reviewer meines Vertrauens das Album ja bereits über den grünen Klee lobt (http://www.vampster.com/artikel/show/?id=2…) und ich mich mit Red Sparowes ja eh schon lange mal beschäftigen wollte ist jetzt wohl der ideale Zeitpunkt gekommen. Hat schon jemand eine Meinung zu diesem Werk?
Tracklist:
1. The great leap forward poured down upon us one day like a mighty storm, suddenly and furiously blinding our senses.
2. We stood transfixed in blank devotion as our leader spoke to us, looking down on our mute faces with a great, raging and unseeing eye.
3. Like the howling glory of the darkest winds, this voice was thunderous and the words hily, tangling their way around our hearts and clutching our innocent wave.
4. A message of avarice rained down and carried us away into false dreams of endless riches.
5. "Annihilate the sparrow, that steeler of seed, our our harvests will abound; we will watch our wealth flood in."
6. And by out own hand did every last bird lie silent in their puddles, the air barren of song as the clouds drifted away. For killing their greatest enemy, the locusts noisily thanked us and turned their jaws toward our crops, swallowing our greed whole.
7. Millions starved and we became skinnier and skinnier, while our leaders became fatter and fatter.
8. Finally, as that blazing sun shone upon us, did we know that true enemy was the voice of blind idolatry; and only then did we begin to think for ourselves.
ich hör da mal rein.
leider noch nicht gehört. werde wohl auf nen offiziellen release warten (dachte eigentlich, die ist hier schon draußen).
Ich werde mir auf jedenfall beide zulegen! Gibts bei Amazon ja eh in einem Paket, auch wenns nicht wesentlich billiger ist.
@hulud (« Hm. Neue Isis oder neue Red Sparowes... Welche soll man kaufen? »):
Eher Isis !
Boah, scheiß auf die Rezension, die Platte is geil. Nichts mit, sie sind zu spät. Die Menschen hatten doch früher wie heute nichts übrig für sowas. Das ist Phantasie, in diese Musik kann man so viel reinlegen, so viel träumen. Aber unsere Spaßgesellschaft will ja unterhalten werden.
Wie auch immer, für die, die noch nicht ganz von der Oberflächlichkeit der heutigen Zeit überschwemmt wurden ist dieses Album wie ein Stück Schokolade. Oder eher wie eine Tafel. Sehr toll =)