laut.de-Kritik
Sein bisher stärkstes Werk.
Review von Sven KabelitzDank "Never Gonna Stop" kommen auf "Are We There Yet?" zu den acht Dingen die Rick Astley niemals tun würden nach 36 Jahren endlich drei weitere hinzu: Nun wird er niemals "turn it back", "change the facts" und "feel the same".
Nur aufhören sich weiter zu entwickeln, das wird er scheinbar nie. Nichts zeigt dies so deutlich, wie "Never Gonna Stop", die zweite Single aus seinem neunten Album. Neun Longplayer, sparsam über fünf Jahrzehnte verteilt. Die kraftvolle Stimme, die einst den gutgläubigen Stock Aitken Waterman-Pop begleitete, findet ihr perfektes Umfeld.
Menschen, die den Sänger auch heute noch nur mit "Never Gonna Give You Up" verbinden, dürften beim ersten Aufeinandertreffen mit "Never Gonna Stop" darniederpurzeln. Einer brillanten Mischung aus Astleys erstem Hit, 1970er Motown-Soul und Michael Kiwanuka. Kein Vergleich davon ist übertrieben. Erstmals erlaubt er seiner Stimme in dem melancholischen Stück zu brechen und lässt Spuren des Alters zu. Es steht ihr ausgezeichnet.
Gleichzeitig stellt der Song aber auch das größte Problem des Albums dar. Er weckt Erwartungen, die "Are We There Yet?" sich weigert, zu erfüllen. Anstatt diese Klasse durchgehend zu halten, finden viele der Songs einen weitaus leichteren Pop-Soul-Zugang. Auch wenn immer wieder Einflüsse von Motown und Stax einfließen, die Stimmung bleibt über weite Strecken freudig, taucht aber immer wieder auch in dunklere Bereiche ab. Hat man sich aber erst einmal von dieser kurzen Enttäuschung befreit, funktioniert es prächtig.
Der sich wie die meisten Stück wohlig in der Herbstsonne räkelnde Opener "Dippin My Feet" kippt gegen Ende mit "Uh, Uh!"-Rufen sogar kurzzeitig in Richtung Rolling Stones-Rock. "Letting Go" bietet einfach muckeligen Wohlfühl-Pop. Nicht mehr, nicht weniger. Das von einem Xylophon begleitete "High Enough" entwickelt sich zu einem weiteren Ohrwurm-Highlight auf der wieder einmal von Astley selbst geschriebenen, aufgenommenen, eingespielten und produzierten Veröffentlichung.
Der Bläsereinstieg von "Maria Love" führt zurück zum Motown-Sound. Astley erinnert sich an die düsteren Eindrücke der Rassenunruhe der späten 1960er in den Vereinigten Statten, stellt sie in Verbindung mit der heutigen Zeit. Im traurigen "Blue Sky" begleitet er sich nur am Klavier.
Rick Astley stand in den Jahrzehnten seiner Karriere für vieles, aber nie für die Rock-Coolnes mit Sex & Drugs & Rock'n'Roll. Stattdessen arbeitete der zu Beginn belächelte Künstler Jahr für Jahr an sich und seinem Output und befreite sich mit "Free" aus seinem SAW-Korsette.
Andere kamen, andere gingen, Rick Astley blieb. Nun setzt er nach den zwei gelungenen Vorgängern "50" und "Beautiful Life" mit einem rundum gelungenen Album noch einen drauf. Während andere Acts mit 57 längst dazu übergehen, sich nur noch zu wiederholen, bleibt der freundlichste aller freundlichen Engländer neugierig. Am Ende seiner kontinuierlichen Entwicklung steht "Are We There Yet?" nun als sein bisher stärkstes Werk.
4 Kommentare mit 3 Antworten
Wollte aus purer Neugier mal reinhören und habe es dann komplett durchgehört.
Wirklich richtig gut. Kein schlechter Song auf dem Album. Ob das jetzt sein stärkstes Werk ist, kann ich nicht beurteilen, weil ich nur zwei Songs kannte. Aber wirklich sympathisch, der Kerl und gesanglich erstaunlich variabel.
Das mein ich jetzt völlig ironiefrei.
We're no strangers to love
Warum darf Fanboy SK eigentlich jedes Astley-Album rezensieren - kann man da überhaupt eine unvoreingenommene Bewertung erwarten?
Na aber sicher, ich würde sogar behaupten das ein Kenner der Materie durchaus kritischer sein kann als ein Gelegenheitshörer.
Wenn mir was von einem Act den ich mag nicht gefällt, dann fällt die Kritik oft sogar deutlicher aus als sonst. Sollte nach all den Jahren eigentlich aufgefallen sein. Es gibt einige Astley-Alben, die bei mir deutlich schlechter als die letzten drei abschneiden würden. Am Ende bekommst du bei mir immer meine ehrliche Meinung. Selbst bei meinen absoluten Lieblingen, zu denen Astley nicht zählt, gibt es immer wieder Alben die mir null gefallen. Wir können jederzeit gerne im Detail darüber reden.
Einfach mal zur besseren Einordnung:
Whenever You Need Somebody 2/5
Hold Me in Your Arms 2/5
Free 3,5/5
Body & Soul 2,5/5
Keep It Turned On 2,5/5
Portrait 1/5
50 4/5
Beautiful Life 3,5/5 (hier 4)
Are We There Yet? 4/5
Kann der Bewertung nur zustimmen. Was für ein musikalisch gelungenes Album. Höre es beim Autofahren rauf und runter, und ja, Michael Kiwanuka Anleihen höre ich da definitiv auch, ebenso Hoyser Anleihen, wenn man es so nennen darf. Also für mich eine klare musikalisch sehr gut hörbare Platte. Alle Songs top und klasse durchinstrumentalisiert, Danke an Sven Kabelitz für die gelungene Laut Kritik.