laut.de-Kritik

Thin Lizzy, Punkrock und die irische Seele.

Review von

Wer sich am extrem langen Titel dieses Werkes stört, dem sei tröstend gesagt: Es handelt sich hier immerhin um zwei CDs, die stilistisch aber sehr unterschiedlich ausfallen. Ricky Warwick, derzeit hauptberuflich Sänger und Frontmann der legitimen Thin Lizzy-Nachfolger Black Star Riders, stand ja schon mit seiner ersten bekannten Band The Almighty für ziemlichen Abwechslungsreichtum. Dort wechselte er fast von Album zu Album Sound und Ausrichtung. Das kam zwar meistens ganz gut rüber, wies aber wohl doch zu wenig Kontinuität auf, um größeren Erfolg einzufahren.

Davon erntete Ricky Warwick mehr, als er bei den unter Phil Lynott geradezu legendären Iren-Rockern Thin Lizzy einstieg. Diese Band hatte sich nach dem frühen Tod ihres charismatischen Frontmannes immer wieder neu formiert, ohne so recht an alte Zeiten anzuknüpfen. Warwick gehörte zur letzten Inkarnation, bevor alle Beteiligten klugerweise beschlossen, den traditionsreichen Bandnamen endlich an Phils Seite zu begraben und eine neue Band zu gründen, besagte Black Star Riders. Die bringt in ihren eigenen Stücken und in ihrem Sound immer noch genug Elemente aus der glorreichen Vergangenheit unter.

Wie es aussieht, stellt Ricky in punkto Kreativität eine wesentliche Figur in dieser neuen Gruppe dar. Offensichtlich bleibt davon auch noch reichlich für eigene Projekte übrig. Sein hier vorliegendes Solo-Werk umfasst, wie gesagt, gleich zwei Silberlinge, einer gefüllt mit deftigem Rock, der zweite mit rein akustischem Stoff.

Der erste mit dem langen Titel legt gleich heftig mit dem Kracher "The Road To Damascus Street" los. Im Mittelteil bedient er sich erfreulicherweise ungeniert bei Stilmitteln, die man speziell von The Who schon lange kennt. Im weiteren Verlauf gibt es eine ansprechende Palette von Rockern, die mal mehr in Richtung Hardrock, aber auch gern zum Punk tendieren.

Immer wieder denkt der Kenner an Material der fabelhaften Social Distortion. Der treibende Rhythmus, das Feeling, die spezielle Melancholie sind hier und dort sehr ähnlich. Es wäre tatsächlich interessant, Ricky Warwick und Mike Ness, den Chef von Social Distortion, gemeinsam auf der Bühne zu sehen, zum Beispiel mit dem Stück "Johnny Ringo's Last Ride": sicher ein ideales Paar! "Son Of The Wind" zieht die Härteschraube noch einmal an. Nach zehn Songs endet eine blitzsaubere Rock-Scheibe.

Der zweite Rundling zeigt die sensible, mehr nach innen gerichtete Seite des voll tätowierten Raubeins. Auch hier schlägt sich Ricky wacker. Während der einleitende "Presbyterian Homesick Blues" noch mit Slide Guitar und reichlich Orchester im Hintergrund aufwartet, bieten die restlichen Stücke der Platte nur Akustikgitarre und Stimme.

Ricky Warwick erzählt Geschichten aus der irischen Heimat, von seinen Reisen und Stationen und verziert das Ganze mit vielen irischen (siehe "Hearts On Trees") und manchmal auch folkigen Tönen, wie etwa beim wundervollen "Way Too Cold For Snow". Lustig auch das schwungvolle Stückchen mit dem seltsamen Titel "Schwaben Redoubt", und überhaupt: Ricky Warwick bewegt sich auf allen musikalischen Feldern souverän. Ein sehr empfehlenswerter Doppeldecker.

Trackliste

CD 1

  1. 1. The Road To Damascus Street
  2. 2. Celebrating Sinking
  3. 3. When Patsy Cline Was Crazy (And Guy Mitchell Sang The Blues)
  4. 4. Toffee Town
  5. 5. That's Where The Story Ends
  6. 6. Johnny Ringo's Last Ride
  7. 7. Gold Along The Cariboo
  8. 8. The Son Of The Wind
  9. 9. If Your Not Gonna Leave Me (I'll Find Someone Who Will)
  10. 10. Yesteryear
  11. 11. Ghost Town Road
  12. 12. The Whiskey Song
  13. 13. Tank McCullough Saturdays (Alternative Version)

CD 2

  1. 1. Presbyterian Homesick Blues
  2. 2. Tank McCullough Saturdays
  3. 3. Psycho
  4. 4. Hearts On Trees
  5. 5. Said Samson To Goliath
  6. 6. Way Too Cool For Snow
  7. 7. Schwaben Redoubt
  8. 8. The Year of Living Dangerously
  9. 9. Disasters
  10. 10. 82
  11. 11. Love Owes
  12. 12. I Can See My Life (From Here)
  13. 13. The Ugly Truth
  14. 14. Hell Or Highwater
  15. 15. Eight Balls

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