laut.de-Kritik
Erstmals auf CD! Der große tragische Elektropionier.
Review von Ulf Kubanke"Wunderbar " lautet der Titel des Debütalbums von Riechmann aus dem Jahr 1978. In der Tat ist der Name auch qualitativ Programm. Der Künstler und Schöpfer - der heute international als der erste Elektropopper gilt - hat die Veröffentlichung jedoch nicht mehr erlebt. Tragisch verstarb er wenige Tage vor dem Release an den Folgen einer unverschuldeten Messerattacke eines Betrunkenen.
So wurde die LP Aufbruch und verschollenes Testament zugleich für das Genre der elektronischen Musik. Nun kann man das Werk nach Jahrzehnten erstmals in Form eines Silberlings hören. Endlich haben Fans der Richtung Kraftwerk, Tangerine Dream, Klaus Schulze die Möglichkeit, diesen hochinteressanten Ausnahmekünstler zu entdecken oder neu zu erleben.
Diese ersten und leider auch letzten Einspielungen des Solisten Riechmann zeigen ihn als Eklektiker. Auf "Wunderbar" sind sowohl angedeutete Nachklänge der sogenannten Berliner Schule (Tangerine Dream, Klaus Schulze) zu hören als auch deutliche Einflüsse der sogenannten Düsseldorfer Schule (NEU!, Kraftwerk, La Düsseldorf). Parallel zur Entstehung der "Mensch Maschine" hat der notgedrungen als Sozialarbeiter tätige Komponist und Multi-Instrumentalist keine schnöde Kopie abgeliefert.
Das Titelstück oder auch "Silberland" und "Himmelblau" weisen dem Hörer auf erfrischende Art eine klangliche und kompositorische Richtung, die eine kraftvolle, eigenständige Musikerpersönlichkeit offenbart.
Erstaunlich ist die Leichtigkeit und sonnige Grundstimmung, die sich durch das gesamte Album zieht. Kein kalter Robotersound, kein prähistorisch technoides Ansammeln neonkalter Noten. Stattdessen ist das Album mit Gitarren, Geige und einer leicht rockigen Dynamik ausgestattet. Mit ganz eigener Handschrift breitet Riechmann seine Harmonieteppiche und Melodiebögen aus und erschafft damit ganz nebenbei durch und durch mitreißend optimistische Musik. Am Ende ist es müßig, darüber zu spekulieren, ob der Düsseldorfer ein großer Popstar geworden wäre, wie die Fahrradfanatiker derselben Stadt. Eine Legende ist Riechmann in jedem Fall.
9 Kommentare
Daß ich das noch erleben darf ...
Ganz fraglos ein sehr feines Album, das Lust auf Mehr macht, bei dem es aber leider kein Mehr mehr gab.
Ist gekauft, danke für den Hinweis
Gruß
Skywise
Das muss ich mir auch holen, der erste Syntiepopper, dass ist ja Pflichtprogramm.
Klingt höchst interessant!
Bon momentan sowieso auf der Retro-Schiene, da sind so tolle Alben/Künstler-Releases derzeit, die gewiß ihr Forum und die Aufmerksamkeit verdient haben.
@Zapato El Don (« apropos krautrock, da geht auch grad einiges. re-releases alter sky- und brain-platten. cluster, eno, moebius und so. more to come. »):
kommt alles als rezi;
jedenfalls cluster, eno/moebius/roedelius und roedelius solodebut.
@dein_boeser_Anwalt (« als da wären? »):
Drin sind die Gisha Brothers. (http://www.laut.de/lautstark/cd-reviews/t/…) Ein Riesenspaß!
Dann kommen noch "Charlie Rocks" (Charlie Rich), "Cool It, Baby" (Jimmy Dell) sowie "Red Hot" (Billy 'The Kid' Emerson).
Bis auf Charlie (asl Person) vor ein paar Wochen auch mir unbekannt, aber alles wundervolle Sachen!
... habe die 1991er Erstausgabe von SKY.
CD 3017 ...
... ist die jetzt besonders wertvoll ?
(c: