laut.de-Kritik
Viele Gäste, viel Schmalz.
Review von Giuliano BenassiWie er das nur schafft? Auch diesmal, wie schon so oft in der Vergangenheit, fällt die Liste der Gastmusiker beeindruckend aus. Vermutlich ist Ringo Starr privat tatsächlich so sympathisch und kumpelhaft, wie er seit jeher wirkt. Für "Peace And Love", sein ewiges Motto, haben vermutlich die meisten seiner Kollegen ohnehin etwas übrig. Und klar, die Einladung eines Ex-Beatle schlägt man nur ungern aus.
An der Musik liegt es jedenfalls nicht. Zu Weihnachten 2020 veröffentlichte Starr die hier vertretene Single "Here's To The Nights", auf der unter anderen Sheryl Crow, Dave Grohl, Ben Harper und Lenny Kravitz im Hintergrund sangen. Und Billie Eilishs Bruder Finneas. Und ja, auch Paul McCartney. Doch obwohl nebst Starr an Mikrophon und natürlich Schlagzeug Hochkaräter wie Gitarrist Steve Lukather (Toto), Bassist deluxe Nathan East oder Benmont Tench (Tom Pettys Heartbreakers) zugange waren, kam nur das übliche Gute-Laune-Schunkellied zusammen, das vielleicht beim Eurovision Song Contest gut abschneiden würde, aber sonst eher Achselzucken erzeugt.
Der vielleicht überraschendste Gast dieser Platte ist Robbie Krieger, der jenseits der Doors nur selten in die Saiten seiner Gitarre gegriffen hat, auch wenn er im Sommer 2020 eines seiner wenigen - und wenig beachteten - Soloalben herausbrachte. Wenn es nicht in den Credits von "Zoom In Zoom Out" stünde, würde man allerdings kaum heraushören, dass es sich tatsächlich um einen Meister seiner Zunft handelt.
"Teach Me To Tango" fährt mit Chor und Horn groß auf. Es stammt aus der Feder des Songwriters und Produzenten Sam Hollander, der Starr das fast fertige Stück zuschickte, sodass dieser nur noch Gesang und ein Schlagzeug-Fill einspielen musste. Ein großer Songschreiber war er eh noch nie, und so stammt auch "Here's To The Nights" von Diane Warren, die unter anderem Ende des letzten Jahrtausends das unerträgliche "I Don't Want to Miss A Thing" für Aerosmith geschrieben hat.
Die Aufnahmen fanden in Starrs Studio/Residenz in Los Angeles statt, von April bis Oktober 2020, coronabedingt zeitversetzt, damit nicht zu viele Leute auf einem Haufen hockten. Bei Musikern dieses Kalibers ist das allerdings kein Problem. "Waiting For The Tide To Turn" bietet hochglanzpolierten Reggae, das abschließende und unvermeidliche - vom Titel her zumindest - "Not Enough Love In The World" wartet mit entfernten Beatles-Anleihen auf.
Letztlich ist das beste an diesem Album, dass es nur fünf Stücke enthält und somit nach 19 Minuten aufhört. Es gesellt sich zu seinen Vorgängern, die irgendwie alle ähnlich klingen und keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wäre mal Zeit für etwa mehr Lärm. Dass Ringo das kann, hat er zu Beatles-Zeiten ja unter Beweis gestellt, mit dem berühmten Spruch"I've got blisters on my fingers" am Ende von "Helter Skelter". Dazu bräuchte er nicht mal Stargäste.
1 Kommentar
5/5 fürs Albumcover