laut.de-Kritik
Der Nostalgiefaktor ist hoch - noch ein letztes Mal rocken.
Review von Giuliano BenassiEr wolle noch einmal rocken, bekannte Ritchie Blackmore 2015 nach einer Hand-OP wegen fortschreitender Arthrose. Eine Reunion mit David Coverdale, der die Stücke ihrer gemeinsamen Zeit Mitte der 70er Jahre gerade neu aufgenommen hatte, scheiterte wegen "künstlerischer Differenzen" (O-Ton Coverdale). Sich noch mal mit Ian Gillan zusammenzutun, kam offenbar auch nicht in Frage, also belebte Blackmore jene Band wieder, die er 1975 nach seinem Ausstieg bei Deep Purple gegründet hatte: Rainbow.
Praktisch, dass sich die Besetzung bis 1997 ständig geändert hat, denn so konnte er ein Line-up nach Gutdünken zusammenstellen. Die Rhythmusgruppe entlieh er sich dem gemeinsamen Projekt mit Ehefrau Candice Night. Dazu gesellte sich der schwedische Keyboarder Jens Johansson, der in den 1980ern mit Blackmore-Bewunderer Yngwie Malmsteen musizierte. Den Sänger machte Night gar auf Youtube ausfindig: Den Chilenen Ronnie Romero, in Diensten der spanischen Metalband Lords Of Black.
Geschickter Schachzug: Der Veranstalter grub den legendären Namen "Monsters Of Rock" aus und legte den ersten Auftritt am 17. Juni 2016 auf die spektakuläre Freilichtbühne an der Loreley. Der zweite folgte ein Tag später am Viadukt in Bietigheim bei Stuttgart, ein dritter eine Woche später in Birmingham.
Vorliegende DVD besteht aus Mitschitten der beiden Konzerte in Deutschland. Also nicht wundern, wenn der Schlagzeuger in einem Stück ein Depeche Mode-Shirt trägt und im nächsten ein anderes. Oder sich die Beinbekleidung des Bassisten ändert. Blackmore bleibt gleichwohl stets in schwarz und bei seiner abgegriffenen hellen Stratocaster. In Bietigheim hat er gleichwohl einen Petrosilius Zwackelmann-Hut auf (den er 1995 auf dem Cover von "Stranger In Us All" trug).
Auch wenn ein großer Viadukt samt regem Zugverkehr immer wieder zu sehen ist – die perfekte Kulisse bot die Loreley mit dem randvollen Rhein. Nach dem obligatorischen Intro aus dem "Zauberer von Oz" (" Toto, I've a feeling we're not in Kansas anymore ... we must be over the rainbow", spricht Judy Garland) stellt der Deep Purple-Klassiker "Highway Star" klar, dass es von Beginn an zur Sache geht.
Die Aufmerksamkeit gilt natürlich dem Altmeister, der auf DVD besser klingt als auf der Bühne, zumindest auf der Loreley. Die Band unterstützt ihn bestens, insbesondere Johansson auf seinem Keyboard. Etwas nervig fallen lediglich die beiden Damen aus, die im Hintergrund trällern, unter ihnen (natürlich) Ehefrau Night.
Die große Entdeckung bleibt Romero, dem es gelingt, mal nach Ian Gillan ("Child In Time", "Perfect Strangers"), mal nach David Coverdale ("Mistreated") und vor allem nach Ronnie James Dio ("Man On The Silver Mountain", "Catch The Rainbow", "Stargazer", "Long Live Rock'n'Roll") zu klingen. Während sich Blackmore auf seine Stratocaster konzentriert, kaum die Miene verzieht und stocksteif dasteht, heizt der Sänger dem Publikum ein. Das hatte es auch nötig, nach all dem Regen und Schlamm.
Ein Klassiker folgt dem anderen. Auch wenn es auf der Bühne eher ruhig zugeht, recken die Zuschauer wie besessen die Arme zum Metal-Gruß in die Luft. Auch eine Hommage an den großen Abwesenden des Abends, Dio, der den Gruß erfunden haben soll, dem ersten Rainbow-Line-up angehörte und danach, nach einem Intermezzo bei Black Sabbath, eine erfolgreiche Solokarriere startete.
Klar gibt es bessere Livemitschnitte von Rainbow, auch aus Deutschland - allerdings aus den 70er Jahren. Darum geht es bei dieser Veröffentlichung aber nicht. Denn der Nostalgiefaktor ist hoch, die Qualität der Aufnahme ausgesprochen gut und neben Blu-Ray und DVD bieten CD und Vinyl auch Futter für die Stereoanlage.
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