laut.de-Kritik
Paul Simon und Randy Newman statt Country.
Review von Giuliano Benassi2011 gelang dem Texaner ein Einstand nach Maß: Auf "Photographs", seinem Debüt für das kleine aber feine Label New West Records, schaffte er es, Willie Nelson mit Devendra Banhart oder gar Nick Drake zu verschmelzen. Ein Album zwischen Country, Folk und Americana, das weder zum Erscheinungsjahr noch zu Ellis' Alter passen wollte. Gerade mal 22 war er bei der Veröffentlichung.
Drei Jahre später präsentiert sich Ellis in neuem Gewand. Die langen Haare sind ab, wenige Takte aus seinem vorliegenden dritten Album reichen aus, um festzustellen, dass sich auch seine Musik geändert hat. "Ich wollte, dass diese Platte mehr nach Paul Simon oder Randy Newman klingt, die andere Hälfte meiner Jugend, die ihre Wurzeln im Pop hat", erklärt Ellis.
Der Opener klingt, als wäre er in Nashville unter der Aufsicht eines erfahrenen Produzenten entstanden. Genau so war es auch. In der Hauptstadt des Country kümmerte sich Jacquire King (Tom Waits, Kings Of Leon, Norah Jones) um den geschliffenen Sound, der zwar nicht auf Twang verzichtet, dennoch wesentlich mainstreamiger daher kommt als noch auf "Photographs".
Poppig gehes jedoch nicht wirklich zu, eher klingt das Album nach einer Mischung aus R'n'B, Bossa Nova, ein bisschen Jazz und Country. Auf jeden Fall verzichtet es auf Sounds aus der Konserve und besitzt einen warmen, gut abgemischten Klang.
Im Gegensatz dazu stehen die Texte, die meist auf der düsteren Seite angesiedelt sind. Der Opener "TV Song" ist ein bitterböses Stück über einen Menschen, der selbst keine Persönlichkeit hat und sich unterschiedliche, aus dem TV stammende zulegt. "God bless you Walt Disney, you were a father to me ... you kept me company when no one else had time", heißt es an einer Stelle.
Der nachdenkliche Titeltrack erzählt, im Bruce Springsteen-Style, eine Liebesgeschichte im Schein einer Chemiefabrik. Die Lichter erlöschen, als einer der Partner stirbt. "Steady As The Rising Sun" ist eine klassische Nashville-Schnulze, die ohne Streicher auch auf "Photographs" Platz gefunden hätte.
Die folgende deprimierte Klavierballade ist das beste Stück des Albums. "A bottle of wine and a bag of cocaine / you're on my mind as I drive home in the rain" singt Ellis zu Beginn und erzählt vom Scheitern einer Beziehung.
Mutig. Wie auch sein Versuch, einen Klassiker wie Paul Simons zu covern. "I met my old lover on the street last night / She seemed so glad to see me, I just smiled / We talked about some old times and we drank ourselves some beers / Still crazy after all these years", fasste dieser 1975 in einer Strophe eine ganze Geschichte zusammen. Ellis' Version kommt nicht an das Original heran, hat aber seinen Reiz - das Gitarrensolo anstelle der Saxophoneinlage Michael Breckers passt.
"Pride" klingt nach Nachtclub zur späten Stunde, "Only Lies" und "Houston" beschäftigen sich wieder mit gescheiterten Beziehungen. "Sing Along" besticht durch fröhliche Banjo-Einlagen und könnte fast von The BossHoss stammen, mit "Tour Song" und einer gezupften Akustikgitarre endet das Album aber eher nachdenklich.
"Die Musik lässt sich nicht in eine Schublade stecken, ebenso wenig der Künstler. Sie glüht von innen nach außen. Noch beeindruckender aber ist, dass sowohl Album als auch Musiker eine unnachgiebige Authentizität ausstrahlen", schreibt Ellis' Namensvetter, der Autor Robert Ellis. Klingt zwar hochgestochen, trifft aber den Kern: Ellis tut, was er für richtig hält. Dieses Album ist ihm nicht so gut gelungen wie sein vorheriges, dennoch freut man sich schon aufs nächste.
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