laut.de-Kritik
Songwriter-Pop zwischen Beck und Bright Eyes.
Review von Sebastian FuchsHurra, es gibt wieder ein kleines, wahnsinnig individuelles und tiefgründiges Künstlerkollektiv in einem entlegenen Winkel der USA zu entdecken, deren Künstler alle unter einer Decke stecken, also richtig familiär zusammen musizieren. Denton, Texas heißt der Ort und Bella Union das Label, das fünf Bands aus diesem Ort unter Vertrag hat und mit Robert Gomez jenen Künstler, der nun sein zweites Album veröffentlicht.
"Brand New Towns" ist verschroben und schwermütig, schwebend und flirrend. Die Stimme des jungen Gomez erinnert an die leisen Momente von Beck: ein nie zu lautes, eher hintergründiges, aber dennoch durchdringendes Organ ist es, das die Platte durchzieht. Der erste Song und zugleich die Single "Closer Still" ist ein verwegenes Stück Wüstenmusik, in dem eine staubtrockene Stromgitarre, ein Flirren im Hintergrund und ein paar Bläser den Weg für Gomez' Berührungsfantasien ebnen. Überhaupt: Bei der Auswahl der Instrumente ist auf "Brand New Towns" nicht gegeizt worden, ein Glockenspiel, an alte Bright Eyes-Stücke erinnernd, findet sich in "All We Got", ebenso wie unkitschige Geigen. Anschmiegsam, eingängig und wunderschön!
Auf "The Same Sad Song" ist es dann ein verstimmtes Klavier, das dem Lied Profil gibt, Gomez singt dazu leise und auch ein bisschen geheimnisvoll. Nach der Ballade "Back To Me" und dem Country-Stück "Into The Sun" folgt mit "Perfect" eine verschleppte, hitzeflimmernde Ballade, ein Höhepunkt des Albums. Bläser und ein Akkordeon lugen um die Ecke, eventuell eine Referenz an ein halbes Jahr, das der junge Gomez in einem Zirkus verbrachte. Wie bei "If I Could Have You Back" klingt auch die dickste Instrumentierung auf "Brand New Towns" nie überladen, die verschrobene Grundstimmung bleibt erhalten.
Nach einem apokalyptischen Zwischenspiel mit zerschnipselten Chorgesängen auf "The Coming" und der eingängigen Midtempo-Ballade "The Leaving" haut "Mistress" noch mal tief in die Kerbe und schwebt mit seinen todtraurigen Arrangements und den gehauchten Lyrics beinahe davon. Robert Gomez wechselt zwischen Moll und Dur, zwischen Trauer und Hoffnung hin und her, manchmal innerhalb eines Liedes, wie in "You Need Somebody".
Das abschließende Titelstück ist nichts weniger als einer der stimmungsvollsten Songs des neuen Jahres. Mit Flöten, scheppernden Trommeln und Gänsehaut-Geigen hat der junge Texaner eine Hymne komponiert, die in den Magen geht. Eigentlich möchte man die gesamten 48 Minuten in diesen zähflüssigen, sphärischen Sound einsinken, der von dieser weichen, sensiblen Stimme getragen wird. Groß!
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