laut.de-Kritik

Chartserfolg, wer braucht das schon?

Review von

Robin Trower chartete zuletzt 1988 in den USA mit "Take What You Need". Schon mit dem 70er-Hit "Bridge Of Sighs" hatte er seinen Trademark-Sound gefunden, dem der zwar solo nur kurzzeitig (aktuell aber wieder) erfolgreiche, dafür einflussreiche Gitarrist von Procol Harum über die Jahrzehnte treu blieb: Bluesrock, der mehr in der Bar als auf der Veranda zuhause ist.

Nach dem Tod von Bandgründer Gary Brooker im Februar stellt sich nun die Frage nach der Zukunft Trowers Hauptband. Seine Solokarriere schreitet davon jedoch unbeirrt voran wie eh und je, "No More Worlds To Conquer" ist das zwölfte Album seit der Jahrtausendwende.

Einer Konstante bleibt Trower sofort erkennbar treu: dem Hang zu debil wirkenden Texten. Negatives und Paradebeispiel: "The Razor's Edge". Der Londoner war schon immer ein stumpfer Texter, aber was würde man Keith Reid dafür geben, hier Hand anzulegen, dermaßen stören einen die unterirdischen Lyrics. Vortragen darf oder muss diese der Leih- und Hochzeitssänger Richard Watts, unterstützt von Studio-Teilzeitdrummer Chris Taggart. Der Meister selbst beschränkt sich auf die Saitenarbeit. Taggart und Watts erledigen dabei einen grundsoliden Job, stehen aber klar im Hintergrund - ein Grundübel der Trowerschen Diskographie von jeher.

So täuscht der Titeltrack, ein getragener Marsch mit netter Sologitarre, nicht über den zugrundeliegenden, supersimplen Schunkeltakt hinweg. Trower zeigt als Songwriter einfach nicht genügend Interesse abseits seiner Gitarrenarbeit. Deren Rahmen bleibt notwendiges Beiwerk, mehr meistens nicht. Dieses Schema zieht sich durch viele Songs des homogenen Bluesrock-Albums. "Losing You" und "Cloud Across The Sun" trumpfen zwar mit souveränem, keinesfalls altbackenen Gitarrenspiel auf, der Rest jedoch bleibt handwerklich blitzsauberes, seelenloses Pflichtprogramm.

Dieses funktioniert besser, wenn wie bei "Waiting For The Rain To Fall" zumindest versucht wird, Trowers kunstfertiges Gegniedel ins Gesamtgefüge einzubinden. Schon wirken die Mitarbeiter motivierter, und Watts liefert die beste Performance des Albums ab. Auch die soulige Nummer "Deadly Kiss" punktet zweieinhalb Minuten richtig gut, bevor sie, in die Länge gezogen, langweilt.

"No More Worlds To Conquer" erhebt sich dennoch über den Durchschnitt der Diskographie des Protagonisten, weil er sein Muster stellenweise durchbricht, sobald der Sound mit anderen Zutaten angereichert wird, was meist besser gelingt als bei "Deadly Kiss". So beim rockigen "Balls Of Fire", das nicht nur wegen des Songtitels jedem Robert-Rodriguez-Film gut zu Gesicht stünde. Die Atmosphäre des Songs entspricht Trower besonders gut.

"Birdsong" groovt sich zunächst unscheinbar ein, nimmt zum Ende dank Trowers hervorragendem Slide-Spiel aber richtig Fahrt auf. In "Fire To Ashes" brutzelt ein Schifferklavier vor sich hin, das dem abgespeckten, coolen Arrangement Seele gibt, das klare Albumhighlight. Die Nummer von Klavierspieler Paddy Milner sollte sich Trower für das unvermeidlich erscheinende nächste Album jedenfalls gut merken. Auf dem fehlen dann hoffentlich Tracks wie das selbstgefällige, fade "The Razor's Edge". "I Will Always Be By Your Side" erledigt dafür seinen Job als Rausschmeißer aus einem sehr zurück gelehnten Alben perfekt.

Trackliste

  1. 1. Ball Of Fire
  2. 2. No More Worlds To Conquer
  3. 3. Deadly Kiss
  4. 4. Birdsong
  5. 5. Losing You
  6. 6. Waiting For The Rain To Fall
  7. 7. Wither On The Vine
  8. 8. Cloud Across The Sun
  9. 9. Fire To Ashes
  10. 10. The Razor's Edge
  11. 11. I Will Always Be Your Shelter

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