laut.de-Kritik

Knackfrischer Pop-Punk für jedes Alter.

Review von

Volle vier Jahre sind vergangen, seit die meist gut gelaunten Deutschpunker von Rogers zuletzt einen Longplayer vorgelegt haben. Nachdem es in letzter Zeit eher still um die Düsseldorfer geworden war, erscheint nun das fünfte Album "Rambazamba & Randale" und setzt eigentlich genau da an, wo "Mittelfinger Für Immer" (2019) aufgehört hat.

Die Band strotzt nur so vor Energie, die Spielfreude sprudelt förmlich aus den Lautsprechern. Man merkt in jeder Note, dass man die Pandemiezeit hier sinnvoll genutzt hat und wirklich Spaß dabei hatte, alles darin entstandene für die Nachwelt festzuhalten. Die federleichte Unbeschwertheit stellt die größte Stärke und gleichzeitig die größte Schwäche des Albums dar.

Die klassische Eröffnung gelingt mit "Rambazamba & Randale" einwandfrei. Ähnlich unernst und selbstironisch wie es die Genredinosaurier bereits 1995 auf "Planet Punk" vormachten, beweihräuchern sich die Rogers selbst und proklamieren ihre Wiederkehr ins Business. Es klingt nach melodischem Ami-Punk, dankenswerterweise mehr nach Kalifornien als nach Nordrhein-Westphalen, mit fetten, organischen Drums, doppelstimmigen Gesängen und Gitarrenriffs. Bier, Schnaps, Richter, Rabauken und Rebellen feiern die Rockshow, wenn auch textlich sicherlich keine Wunder vollbracht werden, punktet man hier eindeutig mit akustischem Spaßfaktor.

Welche inhaltliche Message das superpoppige "Rapstar" genau vermitteln möchte, erschließt sich mir absolut nicht. Ist mir angesichts des hymnischen, unfassbar gefälligen Melodiepfuhls auch völlig wurscht, hier zählt allein die gute Laune. Frech und verspielt runden geschickt platzierte, plastische Elektrosounds das Ganze ab - was bei den Punk-Puristen Abzüge in der B-Note bedeuten wird, passt dem Mainstream sicherlich extrem gut.

"Du Machst Mich Fertig" ist ein Midtempo-Liebeslied und gleichermaßen für Stadionrockkonzerte und Radioplaylists geeignet. Irgendwo zwischen Blink 182 und 00er Emo-Rock, hoch dynamisch und wirklich liebevoll komponiert. "Du machst mich fertig" soll dabei so viel heißen wie "Du komplettierst mich" und stellt die Hauptfigur als zu vollendendes "Herzprojekt mit Potenzial" dar.

Liebeslieder erscheinen ja gerne Mal stumpf und bedienen sich meist ausgelutschter Formulierungen, was hier mitnichten der Fall ist. Jeder kennt es, man empfindet seine Sturm- und Drangzeit als einen der festen Höhepunkte im Leben und trauert ihr nicht selten nach. "Gute Alte Zeit" beschäftigt sich inhaltlich recht reflektiert mit dem Thema und fördert dabei eine spürbare und sympathische Wehmut zu Tage. Das Düsseldorfer Lokalkolorit und die breiten Ohohohos dieses hymnischen Stücks erinnern an die Hosen, ohne dabei zu verstaubt zu klingen.

Etwas plump, aber dennoch witzig unterstreicht die Midtempo-Buddyballade "Freunde Lassen Freunde" die bei Punker*Innen seit jeher obligatorische Abneigung gegen die uniformierte Exekutive des Landes. Ähnlich aufgeweckt und voller Elan wie etwa die frühen Werke der Wohlstandskinder steht auch hier der Spaß klar im Vordergrund.

Noch mit der catchy Chorusline in beiden Ohren begegnet man direkt der nächsten Hymne und zugleich dem herausragendsten Song der Platte. "Komm, Wir Sterben Aus" steckt voller bitterer Dramatik und zynischer Resignation vor dem nahenden Ende der Welt. Beinahe unfassbar eingängige Melodien, geile Melodycore-Harmonien und ein elektrisierender Drumbeat untermalen einen der besten Punksongs des bisherigen Jahres. "Mit etwas Pech gibt's einen Gott, mit etwas Glück gibt er uns auf". Das bleibt hängen!

Der kleine, durchaus aufgeweckte 80s-Wave Ausflug "Mein Leben Gegen Die Wand" entbehrt jedes tieferen Sinnes, der Titel spricht hier für sich. Durch die schrägen Synthesizertöne wird die Nummer zwar auch nicht anspruchsvoller, dafür hebt sie sich vom Rest des Albums ab und sorgt damit für Abwechslung. "Kein Respekt Für Scheiße" gelingt meisterhaft die Kür, einen recht einfachen und zugegeben schon recht platten Song trotzdem nicht albern wirken zu lassen. Das Internet und alles, was mit Social Media im entferntesten zu tun hat, IST ein unerschöpflicher Quell für vergorenen Dung aller Art. Ob man da nun einen fuckin' eingängigen Stadionhit darüber schreiben muss, sei dahin gestellt, aber ich kann es nicht anders sagen: er macht halt Laune.

Merklich am Tempo, nicht aber am Stil schrauben die Rogers bei "Paris", einer Schmähode an hohles Geschwätz. Egal von wem es kommt, aus der Politik, von Menschen aus dem Umfeld, es fällt hier sehr leicht, sich mit dem Inhalt zu identifizieren. Der Vergleich mit der französischen Metropole ist herrlich fies und trifft die Faust aufs Auge. Bonmot par excellence! "Nicht So Wichtig" ist wieder ein gut durchdachter, erstaunlich unpeinlich Love Song, der wenig überraschend nur so vor ausladenden Melodien trieft. Sehr poppig, mit gemäßigtem Tempo, etwas gefällig, aber zu keiner Zeit banal.

Das erfreulich rotzige "Oscar" vergibt die Trophäe im Rahmen einer mit den üblichen Trademarks angereicherten Punk-Zeremonie an ehemalige Freund*Innen. Klingt alles ein wenig nach Teenager-Drama, wird aber wirklich verhältnismäßig erwachsen transportiert. Weniger erwachsen erscheint die anschließende Feststellung, dass man wenn, dann nur "Aus Versehen" erwachsen geworden ist. Man beugt sich keinen gesellschaftlichen Idealen, sondern macht auch im mittleren Alter immer noch sein Ding. Das rockt wie üblich sehr angenehm.

Die beiden waschechten Pop-Punknummern "Robben" und "Arbeiten" kriegen die Kurve ins Erwachsenenalter leider absolut nicht. Eher platt und einfallslos wirken die Stories über Vollsuff und fehlende Arbeitsmotivation. Aber gut, auch hier wird es Menschen geben, die sich davon angesprochen fühlen. "5 Sterne, Gerne Wieder" macht den Rausschmeißer und kann als musikalische yelp-Bewertung einiger Alltagsaspekte verstanden werden. Gewohnt vital, poppig und mit sympathischem Augenzwinkern.

"Rambazamba & Randale" punktet vor allem mit der unglaublichen Spielfreude und einem nicht klein zu kriegenden Esprit. Die gelegentlich etwas seicht geratenen Inhalte können deswegen getrost verziehen werden.

Trackliste

  1. 1. Rambazamba & Randale
  2. 2. Rapstar
  3. 3. Du Machst Mich Fertig
  4. 4. Gute Alte Zeit
  5. 5. Freunde Lassen Freunde
  6. 6. Komm, Wir Sterben Aus
  7. 7. Mein Leben Gegen Die Wand
  8. 8. Kein Respekt Für Scheiße
  9. 9. Paris
  10. 10. Nicht So Wichtig
  11. 11. Oscar
  12. 12. Aus Versehen
  13. 13. Robben
  14. 14. Arbeiten
  15. 15. 5 Sterne, Gerne Wieder

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Rogers – Rambazamba & Randale €17,98 €3,00 €20,99
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Rogers – Rambazamba & Randale (Boxset) €21,97 €3,00 €24,97

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Rogers

2006 gründen Sänger Chri Hoffmeier, Gitarrist Nico Feelisch und Bassist Artur Freund die Band Notaufnahme, kurz darauf stößt Simon Stratmann als Schlagzeuger …

1 Kommentar