laut.de-Kritik
In deutschen Dancehalls brennt noch Licht.
Review von Dani FrommFür alle, die es am Ende des Albums immer noch nicht kapiert haben, drückt sich Rojah Phad Full noch mal extra unmissverständlich aus: "Ich Mach Deutschen Dancehall". Mit sehnsüchtigem Schielen auf das gute Jahr 2004 erklärt er dem Laien die Grundlagen seines Fachs ("sowas wie Peter Fox, gemixt mit Sean Paul"), grüßt über einem schlichten, aber wirkungsvollen Riddim aus dem Hause Soulforce in die Runde und verteilt Big-Ups im Dutzend an die Kollegen.
Komisch. Angesichts des eben Gehörten kommt einem die Szene plötzlich nur noch halb so verödet vor. Allzu traurig kann es in einheimischen Ragga-Zirkeln gar nicht zugehen, so lange sie noch derart vergnügliche Platten ausspucken. "Alles Geht Phad" stemmt sich dem wild wuchernden Verdacht entgegen, die Energie, die manche Dancehall-Interpreten live versprühen, ließe sich mit einer CD einfach nicht adäquat abbilden. Na, endlich. Es geht doch.
Mit seiner Eigenproduktion "Eiswasser" wählt Rojah gleich einen exzellenten Einstieg: Seiner minimalistischen Struktur zum Trotz hallt der Synthie-Riddim wunderbar raumgreifend. Es knallt gut, "nich' ma' Eiswasser kühlt das".
Rojah, hörbar von seiner Hip Hop-Vergangenheit geprägt, deutet hier schon an, welch zungenfertiger MC in ihm steckt. Stellenweise toastet sich der Typ schier einen Knoten ins Maul. Wenn er singt, dann mit Hingabe, zugleich aber völlig frei von Allüren, Pathos oder Übertreibung. Seine beschwingte, vergnügte Art, der zelebrierte Spaß an der Sache und seine simplen, deswegen aber nicht weniger richtigen Botschaften tauchen Rojah in liebenswertes Licht. "Lieb' das Leben, und das Leben liebt dich."
Wenn Rojah in "Das Leben Ist Schön" sein Gute-Laune-Rezept verrät und eine Ode an die Freude an den Kleinigkeiten anstimmt, die das Leben lebenswert machen - wie die blendend aufgelegten Bläser oder die schrägen beiläufigen Pfeif-Einlagen in Bassrunners Dixie-Riddim - wer würde da widersprechen wollen?
Junior Blenders Synthiefläche spiegelt - angemessen blendend - den Text von "Nur Einer". Oder umgekehrt? Das besungene Staubkorn-im-Universum-Gefühl macht sich in der musikalischen Ausgestaltung jedenfalls ebenfalls breit. Daneben seziert Rojah seine eigenen Befindlichkeiten ("Kein Mensch"), die Errungenschaften, aber auch die Grenzen des digitalen Zeitalters ("Internet") und feiert sich selbst als Hüter der "Supa Dupa Powa".
Zusammen mit Nosliw schaltet er zwischenzeitlich einen Gang runter. "Nach Mitternacht" darf dann - bevorzugt in der bewährten Gesellschaft von Buschwerker Slonesta - wieder aufgedreht werden. Böse, um nicht zu sagen: "Bad". Zusammen entwickeln diese Jungs eine derart ansteckende Dynamik, dass die Gefahr, sie könnten aneinander und an ihrem leicht albernen Text am Ende mehr Spaß haben als ihr Publikum, nicht wirklich aufkommt.
"Heute sind doch alle Hype, trendy oder cool." Über einer wunderbar erdigen Basslinie von Soulforce erteilt Rojah schnell wechselnden Moden eine Abfuhr und stattdessen den ewig gültigen Rat: "Lass Sie Alle Reden", bleib' du selbst. An den hätte er sich besser gehalten - was seine Vocals betrifft: Am laufenden Band verkleistern Effekte die Stimme. Das mag in Einschüben, als dazwischen quakender Robotersound, lustig sein, nervt auf lange Sicht aber doch ziemlich. Fürs nächste Mal: "Sei wie du bist, eh!"
1 Kommentar
Naja so geil find ich ihn jetzt nicht, zu viel Autotune und die Riddims sind ein bisschen platt. 3 Sterne gehn dennoch in Ordnung.