laut.de-Kritik
Alternative-Crooner mit solider Werkschau.
Review von Artur SchulzGrüblerisch. Introvertiert. Mit "Forever Endeavour" erschien zuletzt ein Album, das aufgrund gesundheitlicher Probleme gar unter dem Eindruck von Todesgedanken entstand. Und 2015 dann dies: Geradezu gelöst und relaxt eröffnet das sixties-inspirierte "Sure As The Sky" die neue Werkschau. "Saint Bernard" wartet gar mit gemeinen "Lalala"-Parts auf. Hoppla! Auf welche Schiene setzt Sexsmith da?
Grundsätzlich auf die richtige, denn die eingangs gezeigte Lockerheit behält der Kanadier auf voller Länge bei. Das Liebeslied "Loving You" umschifft dank kleiner Verzierungen und effektiver Schlenker das Abgleiten in handelsübliche Kitschpassagen äußerst gekonnt. Im Hintergrund fügt eine dann und wann auftauchende Gitarre stimmiges Country-Flair hinzu.
"Before The Night Is Gone" ist ein weiteres vorzügliches Beispiel dafür, wie scheinbar mühelos Sexsmith eine entspannt und abwechslungsreich geschriebene Singer/Songwriter-Nummer gelingt, inklusive einer Prise Pop. Für die besondere Note sorgt hier eine dezent schwellende Retro-Orgel. Die überhaupt eine Menge Platz im neuen Output eingeräumt bekommt ("Lucky Penny", Getaway Car", "Sun’s Coming Out").
Die Stärke des Kanadiers liegt von jeher in der Qualität seines Songwritings: Zunächst unauffällig anmutende Harmonien staffiert er mit vielen Wendungen aus und setzt sie dadurch schön in Szene. Wie im Falle der Ballade "Nothing Feels The Same Anymore". Der Track startet zunächst schmucklos, zieht danach melodisch immer stärker in den Bann, bis schließlich ein gar elegant tönender weiblicher Soulchor für die richtige Abrundung sorgt.
Trotz seiner rund 25 Jahre Im Geschäft wirkt Ron noch immer wie scheuer und verpeilt wirkender Newcomer, der es in Sachen künstlerischer Klasse allerdings faustdick hinter den Ohren hat. Gut möglich, dass er das Image des etablierten Alternative-Crooners gar bewusst und kalkuliert pflegt.
"Getaway Car" überrascht mit einem für Sexsmith-Verhältnisse ordentlich pumpenden Groove. Das ebenfalls mit strafferen Beats eingespielte "Can't Get My Act Together" lockert die vorherrschende Midtempo-Szenerie willkommen auf und hinterlässt damit stärkere Eindrücke als zu gefällig dahin treibende Tracks wie z. B. "Tumbling Sky". "Lord Knows" gefällt mit einer zwar gezähmten, aber nie domestiziert inszenierten Rock'n'Roll-Roots-Attitüde.
"Carousel One" ist zwar kein so großer Wurf wie einst das fabelhafte "Retriever". Dennoch bietet der Longplayer ein breites Spektrum an typischen Sexsmith-Songs, die mal zwar zu unaufgeregt ("All Our Tomorrows"), häufiger aber facettenreich schillernd ("No One") die ganze Bandbreite eines außergewöhnlichen Musikers gekonnt ins rechte Licht setzen.
Sexsmith 2015: Die alte Klasse blitzt immer wieder durch. An einem auf voller Länge überdurchschnittlichen Werk schrammt der Kanadier diesmal allerdings - wenn auch denkbar knapp - vorbei.
2 Kommentare mit 10 Antworten
"Kaum ein Musiker sieht auf den Promobildern zu seinen Alben so traurig aus wie der Kanadier Ron Sexsmith."
Wie kann man mit so nem geilen Namen überhaupt traurig sein?
Laut den Promobildern sieht der eher aus wie ein 16-jähriger beleidigter Bengel, den man sein Lieblingsmüsli weggemampft hat. Sex kommt da beim besten Willen nicht auf.
Paul Hardcastle, Jimmy Somerville, David Axelrod und Manfred Sexauer sind aber auch ziemlich geniale Namen. Könnten alle aus 'nen Vintageporno aus den 70ern entstammen.
Brad Fickeisen bitte nicht vergessen.
Klingt nach Qualität.
Ich bringe mit Paul D'Amour noch etwas Passione rein.
Wieso ich Ron Sexsmith am geilsten finde: Der Name klingt, als hätte ein Ron Smith mal ein Demo an ein Label geschickt und die Bosse hätten ihm gesagt, dass das zwar ganz gut sei, er mit einem so austauschbaren Namen wie Ron Smith aber komplett unterginge. "Der muss noch ein wenig aufgepeppt werden..."
Mit einem Riesenglied vom Schmied.
Dieser Kommentar wurde vor 9 Jahren durch den Autor entfernt.
@morpho: Darauf muss man erstmal kommen. Herrlich.
manchmal liebe ich euch alle. ♥
Hör ich vielleicht mal rein. Habe 'Retriever' anno 2004 teils rauf und runter gehört. 'Wishing Wells' nachts in Schweden auf der Landstraße, top!
Er hat mich stimmlich immer sehr an Paul Young erinnert, den ich ebenfalls sehr schätze.