laut.de-Kritik
Der schwarze George Clooney sorgt für ordentlich Druck.
Review von Alexander EngelenDa heißt es immer, dass all die fleißigen Musiker für ihre Alben stets hunderte Tracks aufnehmen, um dann lediglich 13 oder 14 Stücke auf die Platte zu packen. Wieso auf manchem Silberlinge trotzdem noch Fülltracks langweilen, ist eine andere Frage. Aber was passiert eigentlich mit den Tracks, die es nicht auf den Longplayer schaffen?
Remix-Abfall? Undankbare B-Seiten? Fülltracks fürs nächste Album? In den meisten Fällen kann das eigentlich schnurzpiepegal sein, weil das Zeug ja sogar schon dem Künstler selbst nicht taugt. Bei Roots Manuva sieht das mal ganz anders aus. Der kann nämlich übrig gebliebene Songs ganz locker auf einen Silberling packen, der dann ohne Beanstandung (fast) als eigenständiges Album durchgeht.
Unglaublich? Nicht ganz, denn Rodney Smith aka Roots Manuva hat ähnliches nämlich schon nach seinem Zweitlingswerk "Run Come Save Me" veranstaltet, indem er einfach ein Jahr später die Dub-Version "Dub Come Save Me" von selbigem auf den Markt brachte. Die Motivation dahinter - bloßer Arbeitseifer, gierige Geldmacherei oder einfach nur Hummeln im Arsch – ist dabei ziemlich egal, solange das Ergebnis stimmt.
Denn auch auf diesem Sammelsurium aus ehemaligen Downloadtracks, B-Seiten und unveröffentlichtem Material hagelt es Manuva-typische Electro-Dancehall-Hip Hop-Vibes, auf denen der englische Styler seinem hypnotisierend-rauchigem Organ freien Lauf lässt. Einmal mehr sind es auch die Instrumentals, die den Hörer in ihren Bann ziehen. Egal ob sich kratzige Sonargeräusche auf einer abgetretenen Bassline ausbreiten ("Seat Yourself"), Atari-Geschosse ein Cembalo zerlegen ("Double Drat") oder Mister Manuva als britische Alice im Synthieland Schabernack treibt. Stets bleiben die Elektroden organischer als im Neptunes-Universum und melodiöser als es der gerade so angesagte Grime-Hype diktiert.
Im Fall Rodney Smith würde auch beides nicht passen. Weder kann man sich den Briten neben Pharrell und Gwen Stefani auf der After Party der Grammys vorstellen, noch schwitzend tanzen auf einem Londoner Rave zwischen Rascal, Kano, Lady Souvereign und Konsorten. Da passt es doch perfekt, dass sich Manuva auf dem herrlich käsigen "Nobody's Dancing" beklagt, dass niemand mehr so tanzt, wie man es früher getan hat.
Omnipotent fräst sich von Anfang bis Ende der Manuva-Trademark-Bass-Druck durch die Tracks, mal als düsterer Marschtrommler, mal als verträumtes Grummeln im Hintergrund. Allein dadurch geht "Alternately Deep" durch Mark und Bein. Schuld daran haben auch Manuvas abgefahrene Anekdoten und Hirnschisse, die zwar selten nachvollziehbar sind, aber immer on point kommen.
Und spätestens wenn sich Roots Manuva als "the black George Clooney" oder als "dude in da corner" (ein kleiner Seitenhieb in Richtung Dizzee Rascal!) ausgibt, nimmt man dem Rapper ab, dass in ihm auch ein witziges Kerlchen steckt. Darf in keiner anständigen Roots Manuva-Sammlung fehlen.
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