laut.de-Kritik
Neon Lights, Boogie Nights, Glitter und zertanzte Schuhe.
Review von Manuel BergerWillkommen im Club! Das heutige Motto: Royal Republic. Alles funkelt, von der Decke baumeln betont weitarmige Kronleuchter. Die Gäste sind aufgetakelt, in nostalgischem Chic, und schlürfen Prosecco, den die weiß bekleideten Kellner in Plastikgläsern durch die Reihen balancieren. Der DJ schwoft mit Sonnenbrille und Korkenzieherperücke. Dann geht das Licht aus.
Vier adrette Schweden in Feuerwehruniform teilen die Menge und treten im Spotlight auf die Tanzfläche: "When you're all out of moves I wanna show you my grooves!" Schwupp, sind synchron die Oberkörper entblößt, atemlos drehen "Fireman & Dancer" Pirouetten zu schnellen Funk Rock-Gitarren und twerken zu sexy Basslines. Mitten im Song schnappt einer von ihnen sein Saxophon und trötet den Schaulustigen ins Gesicht. "Let me light up your night 'cause I'm a ..." Den Rest hört man nicht mehr, die Uniformen fallen und der ganze Club grölt: "Dap-da-da, dap-dap-da-da!"
Um Kronleuchter schert sich inzwischen niemand mehr, ein paar Plastikgläser haben sich darin verfangen. Unten kreisen nun bunte Pillen. Jemand findet in der Ecke eine Cowbell. Der DJ steht auf seinem Pult und johlt: "You can't fight the disco!" Eine Traube Studenten glaubt, jetzt sei die Zeit, Dancemoves aus Hollywood-Musicals der Siebziger auszupacken. Ein Elvis-Impersonator heizt die Stimmung an. Rock'n'Roll, Baby!
Bei "Under Cover" krabbeln die ersten Möchtegern-Raubkatzen durch die Menge, stibitzen sich ein paar Schmatzer. Einige treiben es zu weit, werden beim Grapschen erwischt und rausgeschmissen. Andere sind erfolgreich und machen sich mit ihrem Date für eine heiße Nacht aus dem Staub. Der Soundtrack dazu heißt "Like A Lover" und bricht mit schweren Fuzz-Gitarren die lockere Disko-Atmosphäre. Jetzt wirds ernst! Das merkt auch Adam Grahn: "I could see it in her eyes, how she longed to be free / But then she got on top of me ..."
Zurück zu den Feiernden. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen jetzt ein paar Posaunisten. Der Drogenkonsum ist bedenklich gestiegen und ein Unglücklicher wagt sich im Tanzwahn zu nah an ein ausfahrendes Posaunenrohr. Knockout mit "Blunt Force Trauma". Sternchen flimmern und er weiß nicht genau, ob er nur halluziniert oder tatsächlich The BossHoss vor ihm die Tanzfläche entern. "DJ this, DJ that / Drop the bass, you fuckin' twat!" Nee, Glück gehabt. Die Fernsehgarten-Cowboys würden sich anders ausdrücken. Aber musikalisch könnte "Fortune Favors" durchaus von Boss Burns und Hoss Power stammen.
Halluzinationen sind auch erlaubt, wenn plötzlich "Kung Fu Fighting" mit Earth, Wind & Fire kollidiert und dazu auch noch Handclaps, cartooneske Männerchor-Zwischenrufe und Glam Rock-Screams ertönen ("Flower Power Madness"). Irgendwer hat scheinbar The Ventures ausgebuddelt, ihnen MDMA eingeflößt und sie dazu gebracht, EDM-Tracks zu covern. Royal Republic zeigen den verwirrten Surf-Rockern außerdem, wie man mithilfe von Lo-Fi-Synthesizern 90er-Nostalgie in Millennials auslöst. "Stop Movin'" ist keine Option.
Dann kommt der Moment, auf den alle gewartet haben: David Hasselhoff schält sich zum Sound wuchtiger Trommelschläge aus den Nebelschwaden. Besser noch: Neben ihm schwärmen die Bee Gees aus! Gemeinsam besingen sie "Anna-Leigh". "I'm tryna keep it cool, but the heat is on" – uh yeah! So klängen The Night Flight Orchestra, nähme Sänger Björn "Speed" Strid seinen Spitznamen zu ernst.
Kulturell bereichert hat euch dieses rauschend-eklektische Klischeefest am Ende freilich nicht. Aber wenn ihr am nächsten Morgen quer übers Bett gefläzt aufwacht, Glitter aus dem Gesicht wischt und die zertanzten Schuhe auf dem Teppich seht, könnt ihr es doch kaum erwarten, bald wieder hinzugehen. "I need color in my life / I want neon lights, boogie nights!" Kriegst du: im Club Majesty.
7 Kommentare
Im Ernst? 4/5 für Royal Republic??
Das Album geht Full Disco, was im Sound Universum von Royal Republic nicht unlogisch ist...bin mir noch nicht sicher was ich davon halten soll
Im Ernst? Nur 4/5 für Royal Republic? Vote for 6/5! Gimme Neon Lights!
Dieser Kommentar wurde vor 5 Jahren durch den Autor entfernt.
Ist das so'n Scheiß wie die Scissor Sisters?
Einfach ein verdammt geiles Album! 8-)