laut.de-Kritik
Alle Noten gespielt? Jepp, alle dabei!
Review von Sven KabelitzWürdet ihr euch heute voller Vorfreude einen VHS-Videorekorder kaufen und damit vor euren Freunden prahlen? Oder einen Walkman, und Stunden lang Kassetten aufnehmen? Gar einen Atari 2600 und zu einem Abend Pitfall! und Flips einladen? Wenn man nicht gerade ein absoluter Nerd ist, der sein Geld bei eBay unter die Menschen wirft, lautet die Antwort mit Sicherheit: Nö. Also, warum sollte ich mir ein neues Saga-Album kaufen, das klingt, als hätten wir für immer 1982?
Der hartgesottene Fan sieht das natürlich anders. Man muss ja nicht jedem Trend hinterherlaufen. Klar, das Gestern hat auch seinen Charme. Aber ein wenig mit der Zeit gehen, sich weiterentwickeln und nicht nur die Vergangenheit abfeiern ist auch nicht schlecht. Ansonsten würden wir alle noch als Einzeller in der Ursuppe rumschwimmen. Eine zweite Zelle? Ne, brauch ich nicht.
Handwerklich und kompositorisch ist den Herren rund um den zurückgekehrten Sänger Michael Sadler wenig vorzuwerfen. "20/20" zeigt sich wohl durchdacht. "Six Feet Under" ist eigentlich ein gelungener klassisch progressiver Opener voller in sich ruhender Kraft. Würden nur nicht die erschreckend angestaubten Keyboards, der gruselige Synth-Bass und Gitarren, die scheinbar durch ein Blechdosentelefon aufgenommen wurden, stören. Fett klingt anders. Am Ende des Stücks schauen Saga dann noch einmal zurück, ob sie auf wirklich jede Note ihrer Instrumente bedient haben. Jepp, alle dabei.
Mit "Spin It Again", "One Of These Days" und "Show And Tell" liefern die Kanadier straighten Stadion-Rock, wie geschaffen für Rock am Ring 1985. Als nächstes entern sicher Foreigner oder Marillion die Bühne. "Domo Arigato, Mr. Roboto."
Manch einer mag es Gefühl nennen, doch das balladeske "Ellery" ertrinkt im Dreivierteltakt im Kitsch. "Till The Well Runs Dry" führt noch einmal mit ausladendem Refrain zurück in die Tiefen des Prog-Rock.
Die Musik unserer Jugend prägt uns ein Leben lang. Nie wieder wird sie uns so erwischen und berühren, wie in unseren frühen Teenager-Jahren. Je älter man wird, um so schwerer wird es, neuen musikalischen Entwicklungen etwas abzugewinnen. Zum Teil braucht es dafür Offenheit und sogar Arbeit. Die Alternative ist, stehen zu bleiben, alles Neue abzustrafen und voller Nostalgie das lang Vergangene mit Wortblasen wie 'das war noch Musik' abzufeiern. Saga haben sich für die letztere Variante entschieden und machen es sich und ihren Fans mit "20/20" in ihrer Comfort Zone gemütlich.
12 Kommentare
Und das Cover ist ja mal von Paul Cusicks "Focal Point" geklaut ...
das war noch Musik
solides album ,gutes comeback von MS ,alles dabei von typisch SAGA bis kitsch,wird die klassiker nicht toppen , aber dennoch zeitlos.kaufen!!
solides album ,gutes comeback von MS ,alles dabei von typisch SAGA bis kitsch,wird die klassiker nicht toppen , aber dennoch zeitlos.kaufen!! das cover abzukupfern , ist allerdings etwas schwach.
das war noch Musik