laut.de-Kritik

Der Freestyle-Rapper zeigt es Savas, Illmatic und Bush.

Review von

Underground-Hip Hop und/oder Backpacker-Rap sind eine Sache für sich. Für diese Erkenntnis braucht man keine Freunde der Sonne, die sich über diese Spielart des Rap lustig machen. "Ich kann nur rappen, wenn der Beat reinkommt", stellte Savas auf "Backpacker" fest. Also gebührt demjenigen Respekt, der nicht vor abgefahrenen Instrumental-Konstrukten abschreckt und trotzdem die Style-Keule auspacken kann.

Sage Francis hat schon mit bestehenden Hip Hop-Dogmen gebrochen, seit das Logo des Punk-Labels Epitaph die Rückseite seiner Platten ziert. Dass aus deren Haus mittlerweile hochwertige Hip Hop-Produktionen wie Atmosphere kommen, ist ja keine Neuigkeit mehr. Und während sich Savas und Illmatic noch die Köpfe darüber zerbrechen, wie man auf so einen Sound mit dem Kopf nicken kann, erreicht Sage Francis lyrische Abgründe, die jenseits des herkömmlichen Rap-Mainstreams laufen.

Dem Hörer sei zu Beginn "Sea Lion" ans Herz gelegt, bei dem Folk-Virtuose Will Oldham zur dem Rapper zur Seite stand. So zurückhaltend die Musik, so vertrackt und poetisch der Text. Auch nach dem Auftritt des bärtigen Gitarristen verliert Sage Francis nichts an lyrischer Tiefe, ohne dass die Rapfertigkeiten des Protagonisten in den Hintergrund geraten. Doch mit Flow und Skills, Temposteigerungen und Stylewechsel hat Sage Francis genauso wenig ein Problem wie mit dem althergebrachten punktgenauen Rap auf einem Boom Bap-Beat. Der hat auf "A Healthy Distrust" natürlich Seltenheitswert. Verträumte und ruhige, dann wieder durchgedrehte und kranke Beats passen schließlich viel besser in das Gesamtkonzept aus obrigkeitskritischen Texten, vertrackten Soundspielereien und kunstvollem Artwork.

Sages gesundes Misstrauen gilt dabei vorwiegend den Machenschaften seiner Regierung. Darauf sind wahrlich schon andere Künstler vor ihm gekommen, doch selten zuvor wurde eine amerika-kritische Sichtweise so verschlüsselt und abgefahren propagiert. Waffen gelten Sage Francis als primäre Geschlechtsmerkmale, Gandhis gewaltloser Widerstand verkommt zum sinnlosen Kampf gegen Windmühlen, und die Religion taugt nicht mehr als Allheilmittel, sondern unterstützt lediglich realitätsentfremdende Medikamentenräusche.

Schließlich geht Sage Francis sogar dem Tod Johnny Cashs auf den Grund. Schade, dass dieser letzte Song die Experimentierfreudigkeit des Rappers ins Lächerliche zieht. Denn "Jah Didn't Kill Johnny" ist das einzige Beispiel des Albums, bei dem Sage Francis imitiert und nicht sein eigenes Ding durchzieht.

Trackliste

  1. 1. The Buzz Kill
  2. 2. Sea Lion
  3. 3. Gunz Yo
  4. 4. Escape Artist
  5. 5. Product Placement
  6. 6. Voice Mail Bomb Threat
  7. 7. Dance Monkey
  8. 8. Sun Vs. Moon
  9. 9. Agony In Her Body
  10. 10. Crumble
  11. 11. Ground Control
  12. 12. Lie Detector Test
  13. 13. Bridle
  14. 14. Slow Down Gandhi
  15. 15. Jah Didn't Kill Johnny

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5 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    schade das obwohl schon das nächtse großartige album von sage drausen ist steht hier immer noch nix. die laute müssen wohl zu beschäfftigt gewesen sein zu bushido ihre meinung abzugeben. aber hey wer will schon den geistig anspruchvollsten rap der in jede richtung grenzen sprengt und alle "jo jo" rapper köpft die je auf die idee kammen die platte zu hören, wenn es bushido gibt.

    ich hasse euch!

  • Vor 17 Jahren

    ich bin über buck65 auf diesen herrn hier gestoßen und es gefällt mir bisher sehr gut. keine leichte kost und braucht ne ganz schöne weile, bis es im köpflein ankommt. lohnt sich aber (hoffentlich).

    stop hatin' bro!

  • Vor 17 Jahren

    hänge auch schon etwas länger an ihm. ganz und garkeine leichte kost. aber trotzdem, so deep & so gut. unglaublich.
    @Huluvu (« stop hatin' bro! »):

    !

  • Vor 17 Jahren

    Album fährt mit "Escape Artist" eines der schwersten Geschütze auf, die je ein Hip Hop-Künstler vorweisen konnte.

  • Vor 17 Jahren

    "Son vs. Moon" ist ebenfalls ein unglaublicher Übertrack. Sehr krasses Album. Will das neue unbedingt hören, habe aber vorerst mein ganzes Geld für anderes verprasst...