laut.de-Kritik

Verdammt, Samy! Warum nicht immer so?

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Wie lange dauert es, bis ein Nimbus zerstört ist? Dieser Frage muss sich Samy Deluxe nach einem eher mäßigen Soloalbum und dem enttäuschenden ASD-Projekt stellen. Zwar ist sein Ruf als einer der technisch besten Rapper Deutschlands nach wie vor gefestigt, doch rührt der nicht größtenteils aus alten Dynamite Deluxe-Zeiten her?

Vielleicht ist deshalb hoffnungsvolles Grün die vorherrschende Farbe auf dem Cover. Das Kleeblatt auf der Cap tut sein übriges, den Wickeda MC wie einen irischen Glückskobold wirken zu lassen.

Ein Intro ist ja eigentlich obligatorisch für eine Hip Hop-Platte. Ob es dem Größenwahn zuzuschreiben ist, der Samy so oft unterstellt wird, dass sich diese Vorstellung seiner Person auf knapp vier Minuten hinzieht, ist diskutabel. Ein zweites Mal wird sich das Ding allerdings kaum einer anhören, denn es flowt leider nur sehr dürftig, und der auf Sixties gestylte Beat wird spätestens nach zwei Minuten unerträglich.

Doch die aufkommende Skepsis ist gänzlich unbegründet: Mit einem dicken Boom startet "Zurück", die erste Singleauskopplung. Pompöser als mit diesem Synthie-Beat von Blitz und Diamond D wurde Samy wohl noch nie untermalt. Reime wie "Ich weiß, warum ihr anderen Rapper meine Tracks hatet - denn sie sind hervorragend wie das Kinn von Craig David" und die Sean Paul-Basslinie machen den Track zu einem Ohrwurm, der von Hören zu Hören größer wird.

Die Gästeliste der Platte überrascht. Wer mit Kool Savas, Illo, das Bo oder Eizi Eiz gerechnet hat, wird enttäuscht. Doch Afrob, Vibe, Sidohasser Charnell und J-Luv bilden einen recht adäquaten Ersatz. Dazu kommen die Headliners, das erste Signing auf Samys eigenem Label Deluxe Records, die sich bei "Bereit" zwar mächtig ins Zeug legen, ihrem Mentor aber keinesfalls das Wasser reichen können.

"Einfach Ich" wirkt ein wenig wie der legitime Nachfolger von "Hey Du" auf dem ASD-Album, nur aus der Umkehrperspektive. Die Kinderchorhook bei "Tu Was Ich Tu" nervt zwar nicht halb so sehr wie ähnliche Songs von Jay-Z oder Nas, zumal der Beat von Dj Desue auch nicht von schlechten Eltern ist. Dennoch gehört der Track nicht zu den Glanzpunkten des Albums.

Ganz im Gegensatz zu "Der Guteste". Ein orientalischer Beat von Samys Langzeit-Homie Tropf bildet den grandiosen Auftakt zu einem Ethno-Beat-Triple. Teil zwei stellt eine schwülstige Collabo mit R'n'B-Sänger Vibe zur technisch erstaunlich guten Mariachi-Gitarre. "Wir brauchen den Anblick, ihr braucht die Beachtung - und wenn es nicht so ist, warum lauft ihr dann halb nackt rum?" Samy at its best! Beim dritten Part unterstützt zu guter Letzt erneut ASD-Homie Afrob den Hamburger, und das Tag Team liefert zu einem Balalaikabeat mit "Champions" eine sehr gelungene Leistung ab. So überzeugen konnten sie auf "Wer Hätte Das Gedacht?" leider nur selten. Auch ein Track für alle, die in Samy nur den Battle-MC sehen, ist auf "Verdammtnochma!" enthalten. Was auf dem ersten Soloding noch das mehrfach ausgezeichnete "Weck Mich Auf" war, besorgt hier "Generation".

"Denk", "Ha Ha Ha" ... ob die Beats von Tropf, Diamond D, Dynamite oder Desue kommen, Samy flowt in bester Manier über Reagge, Synthie, R'n'B. Am positivsten aber überrascht die lyrische Weiterentwicklung Sam Semilias. Gewohnt bittere Battleraps wechseln sich mit ungeahnt deepen Zeilen ab. Samy reflektiert seine Jugend, seine Generation und den Niedergang seiner Freunde. Absolute Toptracks überschlagen sich förmlich, nach Aussetzern können Kritiker lange suchen. Während Deluxe Soundsystems seinerzeit mit seinem roten Faden zu überzeugen wusste, setzt sich Samy mit "Verdammtnochma!" als Universal-MC seinen eigenen Meilenstein. Definitiv eines der wichtigsten Deutschrapalben des Jahres 2004. Verdammtnochma, Samy! Warum nicht immer so?

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Zurück
  3. 3. Bereit
  4. 4. Einfach Ich
  5. 5. Tu Was Ich Tu
  6. 6. Der Guteste
  7. 7. Warum
  8. 8. Champions
  9. 9. Beat Box Skit
  10. 10. Mehr Rapshit
  11. 11. Bounce Club
  12. 12. Pdsa
  13. 13. Generation
  14. 14. Denk
  15. 15. Hahaha
  16. 16. Es Ist Wahr
  17. 17. Manchmal
  18. 18. Viel Mehr
  19. 19. Pures Gift 2004
  20. 20. Was Was
  21. 21. Blick Zurück
  22. 22. Gott Sei Dank

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