laut.de-Kritik
Instinktive Klänge für das Kopfkino.
Review von Toni HennigViolinistin Sarah Neufeld, Multiinstrumentalist Richard Reed Parry und Cellistin Rebecca Foon lernten sich schon Ende der 90er-Jahre kennen, als sie unabhängig voneinander versuchten, in der Montrealer Kunst- und Kulturszene Fuß zu fassen. Über die Jahrzehnte arbeiteten die drei Musiker*innen zusammen in Bands wie Arcade Fire oder Esmerine, aber zu einer gemeinsamen Platte kam es nie.
Während der Pandemie ergab sich für die Kanadier*innen dann endlich die Möglichkeit, an dem Ort zurückzukehren, an dem sie sich vor über zwei Jahrzehnten kennengelernt haben, was viele gemeinsame Erinnerungen getriggert hat: "Es ist, als ob wir unsere früheren Jahre noch einmal sehen (die Orte, an denen wir uns aufhielten, die Leute, die wir kannten), während wir zugleich in der Gegenwart leben." Danach entstand mit Produzent Shahzad Ismaily (Ceramic Dog) und weiteren Gastmusikern innerhalb kürzester Zeit das erste gemeinsame Album "First Sounds". Das bildet nun den Startschuss für weitere Trioarbeiten.
In "Slow New Year" schälen sich zusammen mit tiefen, erdigen Celloklängen immer wieder einzelne, kurze Melodien im flirrenden Soundbild heraus, die jedoch eher angedeutet statt ausformuliert werden. Der spontane und instinktive Charakter, den jeder einzelne Track auf der Scheibe besitzt, macht sich schon in der Nummer deutlich bemerkbar. "Maria" lebt demgegenüber von einer melodischen, hymnischen Violinenmelodie, begleitet von sanften Akustikgitarrentönen und Percussions, die von Produzent Ismaily stammen. In "Rosa Canina" kommt mit Ambient- und dramatischen Streichertönen die filmmusikalische Seite der drei Musiker*innen zum Tragen, während in "Day Three" weltmusikalische Ansätze auf jazzige Drums und Minimal Music-artige Strukturen treffen.
Auch sonst fließen so gut wie sämtliche Einflüsse in die Stücke ein, die die drei Kanadier*innen im Laufe ihrer Karriere aufgesaugt haben. "Clouding Clouds" baut mit weitläufigen Sounds und sakralen Gesängen eine fast schon meditative Atmosphäre auf. Melodisch bleibt die Nummer, wie auch schon der Opener, vage und zurückhaltend. In "First Sound" verschmelzen Minimal Music-Rhythmen mit intimen Streichermomenten, während die zirkulierenden Violinen- und Cellomotive in "Circular" für ein kammermusikalisches Flair sorgen. Zum Schluss gewinnen die Streicher in "Georgia" nach und nach an Lautstärke und Intensität, so dass die Scheibe schon fast postrockig endet.
Letzten Endes erzeugt die Musik auf "First Sounds" ein ganz eigenes Kopfkino. Auch die weiteren gemeinsamen Arbeiten, die noch kommen sollen, dürften da keine Ausnahme machen. Man darf gespannt sein, womit uns das Trio in Zukunft weiter beglückt.
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