laut.de-Kritik
Sollte mit Skepsis betrachtet werden ...
Review von Philipp GässleinSceptic sind auf dem besten Weg, den Weg aus dem Untergrund zu schaffen und die erste bekannte englisch rappende Hip Hop-Formation aus deutschen Landen zu werden. Die erste EP war enorm schnell vergriffen, wohl auch deshalb, weil die MCs Crada und Astad im Vorprogramm von Kool Savas und Raptile auftreten durften. Der DJ der Formation, Scratch Dee, supportete bereits Run DMC - große Namen für eine junge Band.
Deutscher Rap hat gegenüber dem amerikanischen den fatalen Nachteil, dass die Texte hierzulande jedermann verständlich sind. Das deckt natürlich lyrische Unfähigkeit sofort gnadenlos auf. Wenn eine diesbezüglich weniger talentierte Band ihre englischsprachigen Texte dann im Booklet abdruckt, schießt sie ein formidables Eigentor. Aber immerhin wird nach Zeilen wie "They doin fake shit wisely people ignore cause | they know there's no message no love just fucking selling store | like a hore (sic!) sells their (sic!) pussy on the streets than bleeds | like you will cause you never wrote your lyrics on a sheet | comprehension rapshit is da realest on the market | unfortunately rapshit is da realest target" klar, dass es nicht nur jenseits des Atlantiks Reime der Sorte 'schwachsinnig' gibt.
Wobei die Jungs technisch gesehen so schlecht gar nicht sind. Besonders Astads Style lässt auf mehr hoffen. Der Mann hat den Flow gepachtet und weiß ihn auch rhythmisch interessant einzusetzen. Die Beats bewegen sich auf einer breiten Skala von langweiligen Popsamples bis zu ansprechenden Dre-Verschnitten. Eine klare Linie dahinter ist nicht zu erkennen, und so ist jeder neue Track wie das Öffnen der berüchtigten Pandorabüchse. Während "Play Sceptic" gleich zu Beginn danach schreit, die Platte statt in den Schrank lieber in die Mülltonne zu legen und "Still" einfach nur langweilt, knallt "Hate You" mit schönster Basslastigkeit aus den Boxen. Dass die Kombination Akustikgitarre + einfühlsamer Rap gut kommt, wissen wir spätestens seit Nas' "Message", und auch bei Sceptics "Memories" zahlt sich dieses Erfolgsrezept aus.
Der krasse, unerwartete Übergang zur aggressiven Basslinie in "Icebreaker" schlägt unangenehm aufs Gemüt. Ironischerweise ist auf dem folgenden Track, "Rockin' Rhymes", von dieser Power absolut nichts mehr zu spüren. Konzeptlos nennt man so etwas wohl. Den einzigen wirklich rundum gelungene Track des Albums stellt das "MK Anthem" dar. Kein Wunder - der Refrain wurde von Beastie Boys "Mics Master Mike" geklaut. Mit "Stress Release" und "Till The Day" macht das Album zumindest beattechnisch am Ende noch mal das gut, was besonders am Anfang verbrochen wurde. Dennoch hätte man gut die Hälfte der Tracks auch weglassen können, um eine überzeugende EP zu releasen. Da waren die Augen wohl größer als der Magen.
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