laut.de-Kritik
Trauer und Neubeginn auf dem angeblich letzten SOSB-Album.
Review von Daniel ThomasTrotz der tragischen Entstehungsgeschichte ist "SVIIB" weder düster geraten, noch stellt es den radikalen Umbruch dar, den manche vielleicht befürchtet hatten. Denn School Of Seven Bells besteht 2016 nur noch aus Alejandra Deheza. Als sich die Band vor neun Jahren als Trio gründet, um samtweichen Shoegaze und Electronica mit einer extra Portion Dream-Pop zu vermengen, läuft erst mal alles glatt: Ihr Debüt "Alpinisms" erhält Lob von der Presse und man spielt eine Tour mit Blonde Redhead.
2010 verlässt zunächst Claudia Deheza, Zwillingsschwester der Frontfrau, aus persönlichen Gründen die Band. Die verbleibenden Mitglieder Benjamin Curtis und Alejandra Deheza beenden ihre Paarbeziehung, machen aber trotzdem weiter gemeinsam Musik. 2012 beginnen beide mit den Arbeiten am Nachfolger zum großartigen "Ghoststory". Im Dezember 2013 stirbt Curtis plötzlich an einer kurz zuvor diagnostizierten, seltenen Form von Leukämie.
Deheza steht alleine da, mit unfertigen Songs und vor der schwierigen Entscheidung, alles sein zu lassen oder aber das vorhandene Material so zu verarbeiten, dass es auch Curtis zugesagt hätte. Sie entscheidet sich für letzteres und schreibt ein Album über Verlust, Tod und den Neuanfang, der auf einen solchen Schicksalsschlag irgendwann folgen muss, will man sich nicht einigeln und in Selbstmitleid zerfließen.
Allein die Existenz von "SVIIB" beweist, dass Deheza bereit ist, irgendwie weiter zu machen, obwohl sie noch immer nicht alles begreifen kann: "Confusion weighs so heavy / And I understand nothing of these changes". "Confusion", der vorletzte Song des Albums, liefert herzergreifende fünf Minuten, nach denen man die Protagonistin in den Arm nehmen möchte, um ihr alles Glück der Welt zu wünschen.
Der gehauchte Schmerz, eingehüllt in eine warme Keyboarddecke, ist Gänsehautmoment und melancholischer Höhepunkt des Albums. Ein analog flackerndes Sepia-Bild entsteht im Kopf, das alle Flatscreens der Welt nicht schöner darstellen könnten. Hingegen versprühen die restlichen Songs eine etwas distanzierte und synthetische Abgeklärtheit, fast schon trotzigem Optimismus. Das Düstere beschränkt sich höchstens auf die Lyrics. Die Gitarren und somit auch die Shoegaze-Anleihen sind gut versteckt oder ganz verschwunden. Dennoch klingt es allein wegen der Stimme unverkennbar nach School Of Seven Bells.
Der Opener "Ablaze" verbaut noch am hörbarsten die Sechssaiter. Zu flottem EDM-Beat und euphorischem Elektro-Rock beschreibt die New Yorkerin darin, wie sie und Curtis sich einst getroffen haben, um dann im dreampoppigen Schlusssong "This Is Our Time" mit versöhnlicher Stimme festzuhalten, dass ihnen die gemeinsame Zeit niemand mehr nehmen wird: "These are the kisses that burn on our lips anytime / Our time is indestructable".
Das vierte und laut Alejandra Deheza auch letzte School Of Seven Bells-Album, ist, sofern es dabei bleibt, ein absolut würdiges Vermächtnis. Die eigentlich wichtige Erkenntnis aber ist, dass Deheza weiterhin Musik macht, um dieser aus den Fugen geratenen Welt ein bisschen Wärme zu spenden.
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