laut.de-Kritik
Kirmestechno live in Concert: H.P. Baxxter in Hochform.
Review von Christof KlausTja, wer hätte das gedacht? Damals, als mitten im deutschen Technohype ein wasserstoffblonder Typ "Hyper Hyper" schrie und die Namen der angesagten DJs rauf und runter krakelte. Die vernahmen das mit Grausen und distanzierten sich verzweifelt von dem obskuren Trash, der sich da in ihr Nest geschmuggelt hatte.
Heute, gut ein Jahrzehnt später, wäre so mancher der gehuldigten Altstars froh, er habe in der Zwischenzeit genau so ein Schweinegeld gemacht wie Scooter. Denn kaum einer hat über eine so lange Zeit regelmäßig Charts um Charts geknackt, als ob es schmackhafte Peanuts wären.
Dabei hielten Scooter musikalisch stets unbeirrt an ihrer kruden Mischung aus primitiven Highspeed-Bassdrums, theatralischen Breakdowns und lyrischem Aberwitz ("How much ist the Fish?") fest und bretterten sich in immer größere Hallen und immer tiefer gelegtere Autoanlagen.
So vielen Dance-Mist zwischen Schlumpftechno und was weiß ich noch alles hat man über sich ergehen lassen und längst vergessen. H.P. Baxxter im Stroboskoplicht, Kommandos wie "Move your ass" brüllend, nicht. Das bleibt für die Ewigkeit. Das macht keiner wie er.
Und eines muss man Scooter einfach lassen: Trotz eigentlich längst abgelaufenem Haltbarkeitsdatum sind sie immer noch da. Und für diese Karriere, die keiner für möglich hielt, gebührt ihnen irgendwie Respekt.
Es gab ja die Zeiten, in denen Scooter in der Technoszene als DAS kommerzielle Missverständnis elektronischer Tanzmusik verschrien waren. Oder anders ausgedrückt: Sie wurden abgrundtief gehasst und verachtet. Mittlerweile ist das Verhältnis jedoch um einiges entspannter, und keiner regt sich mehr großartig auf. Scooter haben das Problem einfach ausgesessen.
Und ihr Sitzfleisch war derart enorm, dass man sich nicht nur einmal dabei ertappt hat, es sogar irgendwie faszinierend zu finden, wie sie ihr Ding beharrlich und skrupellos durchziehen. Was können denn die Jungs dafür, dass manche Zeitgenossen gedacht haben, ihre Mucke sei Techno? Na also. Mittlerweile stehen Scooter sowieso längst für sich und sind zu einer ganz eigenen Marke geworden. Scooter eben.
Und diese fordert geschichtsbewusst ihre lückenlose Dokumentation, bei der die Doppel-DVD "Excess all Areas" (sic!) keine Wünsche offen lässt: 33 (!) Musikvideos von "Hyper Hyper" bis "Fire" und von "Harder Faster Scooter" bis zum unsäglichen Peter Maffay-Cover "Nessaja" ackern die Diskographie der Jungs ab.
Eine weitere DVD zeigt Scooter live und plugged beim Konzert in Hamburg: Ein bestens gelaunter H.P. Baxxter posiert zwischen zwei Synthie-Türmen, garniert mit Tänzerinnen, die beim hohen scooterschen Ravetakt kräftig ins Schwitzen kommen. Dazu Lasershow und das Hitfeuerwerk schlechthin. Eine geballte Ladung Kirmestechno im Livegewand.
Die obligatorischen, immergleichen Backstagebilder und die üblichen Specials runden das Ganze ab. Scooter in allen Bereichen - ein Augen- und Ohrenschmaus für Fans, ein wichtiges Archivmaterial für Musiksoziologen und ein unzumutbarer Bildtonträger für all jene, die bei Musik keinen Spaß verstehen.
Noch keine Kommentare