laut.de-Kritik
Morten Harket und Johannes Strate stehen auf dem Schlauch.
Review von Kai ButterweckWer sich ein bisschen mit der Historie der Scorpions auskennt, der weiß, dass der Großteil des über die Jahrzehnte angehäuften Bombast-Hab-und-Guts der Mannen um Sänger Klaus Meine auf ausländische "Spenden" zurückzuführen ist. Auch heute noch drehen Millionen Menschen - die Deutschland nur von der Landkarte kennen - am Rad, wenn die Hannoveraner mit antiken Hardrock-Erinnerungen à la "Big City Nights" oder "Rock You Like A Hurricane" im Gepäck durch den Zoll marschieren.
Die mit Abstand enthusiastischste Gefolgschaft ist rund um die Akropolis beheimatet. Und so war es nicht verwunderlich, dass sich die Band im Frühjahr 2013 für Griechenland entschied, als es darum ging, eine geeignete Location für das MTV-Unplugged-Projekt zu finden.
Unter euphorischem Getöse wurden die Scorpions an zwei Abenden im jeweils restlos ausverkauften Lycabettus-Theater von ihren Sirtaki-Freunden auf Händen getragen. Aber auch zu Recht? Zweifel, ob die Auftritte auch bei Leuten ohne Fanbrille für klatschende Hände sorgen würden, waren aufgrund der in den Jahren zuvor bereits präsentierten Akustik-Fehltritte mehr als angebracht.
Diese lösen sich zunächst aber in Luft auf, denn mit Hilfe eines gängigen Unplugged-Backgrounds (Streicher, Piano, etc.), schnüren die Niedersachsen gleich zu Beginn ein in sich stimmiges und warmes Sound-Paket, das vergangene Experiment-Fettnäpfchen ("Moment Of Glory", "Acoustica") schnell vergessen lässt. Ein bisschen Standard-Tanz-Atmosphäre hier ("Pictured Life"), ein bisschen Mittelmeer-Augenzwinkern da ("Can't Live Without You", "Born To Touch Your Feelings")und schon präsentieren sich sogar Songs abseits der Standard-Setlist in hellem Licht.
Natürlich erinnern die Verantwortlichen auch zur Genüge an ihre kommerziell erfolgreichsten Karriere-Momente. Dabei sticht vor allem das zusammen mit Cäthe vorgetragene "In Trance" heraus – ein Song, der durch den rauen Stimmcharakter von Klaus Meines Duettpartnerin eine ungewohnt intensive Spannung hinterlässt. Nicht ganz so prickelnd entpuppt sich hingegen der Auftritt von Revolverheld-Frontmann Johannes Strate, der während des Alltime-Klassikers "Rock You Like A Hurricane" den unfreiwilligen Part eines verunsicherten Karaoke-Sängers übernimmt.
Doch der Norddeutsche steht im fernen Griechenland nicht als einziger auf dem Schlauch. Auch A-ha-Beau Morten Harket bekleckert sich während seines "Wind Of Change"-Gastspiels nicht gerade mit Ruhm. Zu plump und leblos präsentieren sich die eingeträllerten Verse des Norwegers, während der neben ihm sitzende Urheber der Wende-Hymne mit inbrünstig vorgetragenem Pathos um Schadensbegrenzung bemüht ist.
Was bei Hörern ohne Skorpion-Tattoo auf dem Oberarm für zusammengezogen Augenbrauen sorgt, wird von den anwesenden Fans hingegen frenetisch gefeiert. Wie heißt es doch so schön: In guten wie in schlechten Zeiten.
Auch die fünf brandneuen Songs ernten tosenden Applaus. Gehuldigt wird, was kommt. Dabei spielt es keine Rolle, ob Klaus Meine uninspirierten Schmalz vom Stapel lässt ("Follow Your Heart"), den pubertären Rock'n'Roll-Revoluzzer ("Rock'n'Roll Band") mimt oder Rudolf Schenker sich als Lead-Sänger für Goldene Hochzeit-Feiern präsentiert ("Love Is The Answer"). Lediglich der klassisch angehauchte Rocker "Dancing In The Moonlight" und das von Matthias Jabs komponierte Led Zeppelin-goes-Pink Floyd-Instrumental "Delicate Dance" dürften im verstromten Zustand auch außerhalb der Fanclub-Mauern für Furore sorgen.
Schlussendlich halten sich "Gut" und "Böse" in etwa die Waage; denn einem durchgehend ansprechenden Sound-Paket stehen mitunter doch ziemlich zwiespältige Interpretationen gegenüber. Für Fans ist dieses Album sicherlich ein Muss. Neueinsteiger sollten jedoch lieber zu den Originalen greifen. Darauf erst einmal einen Ouzo.
11 Kommentare mit 6 Antworten
War Maschmeyer auch da?
Der lag auf der Vroni.
herr und frau matschmeier
wer ist Vroni?
Veronica Ferres.
Dieser Kommentar wurde vor 10 Jahren durch den Autor entfernt.
Jepp, größte Unsitte im Rockbiz. Am grauenhaftesten war in meiner Erinnerung MTV unplugged: Billy Joel. Das absolute Grauen!!
konnte mit unplugged noch nie was anfangen. wenn ich an cobaine in seiner strickjacke zurückdenke, schüttelts mich.
"Nicht ganz so prickelnd entpuppt sich hingegen der Auftritt von Revolverheld-Frontmann Johannes Strate, der während des Alltime-Klassikers "Rock You Like A Hurricane" den unfreiwilligen Part eines verunsicherten Karaoke-Sängers übernimmt."
Hahaha...warum haben die den mitgenommen? Gibts da nicht auch was von Ratiopharm?
Sind die nicht schon seit Jahren auf Abschiedstournee? Wann ist denn nun endlich Schluss?
Umplugged für 3-4 Lieder im Konzert ist ok. Über volle Länge Langeweile pur. Bon Jovi gehören dafür nachträglich eingesperrt das zu "erfinden"