laut.de-Kritik

Selten hält die Balance zwischen Hook und Haltbarkeit.

Review von

Waren Creed mit ihrem Post-Grunge meets Stadionrock die Blaupause für die nachfolgende US-Poprock-Generation wie Nickelback, so klingt das Soloprojekt von Sänger Scott Stapp mittlerweile wie die kleine Schwester von Daughtry.

Scott Stapp schlendert einmal durch die Hitfabrik und stellt seine persönliche Best-Of zusammen, die sowohl zum Vorzeigen bei der Credibility-Fraktion taugt als auch zum Radio-Einsatz passt. Den Hintergrund bilden Stapps überwundene Alkohol-Sucht und Depression sowie dessen wiedererstarkter Glauben.

Der Wandel vom Saulus zum Paulus ist ein großes Heilsversprechen des christlichen Glaubens. Manche pflanzen zur Bekräftigung ihrer Katharsis einen Baum, manche wiederum bauen ein Haus, wiederum andere zeugen ein Kind. Scott Stapp gießt seine Seelenpein in Musik. Einen Baum zu pflanzen hätte in diesem Fall auch genügt. Die Narben seiner Vergangenheit verknüpft der Sänger mit dem Verweis auf seine Kriegsveteranen-Stiftung. Ein wenig Charity hat noch keinem Promi geschadet, weiß man nicht zuletzt seit Bono, in dessen Windschatten sich "Gone Too Soon" bewegt.

In der ersten Hälfte dominieren moderne Riffgranaten oder schwere Groover, um die Alter Bridge-Fraktion mit ins Boot zu holen. Da stappt der Bär. "World I Used To Know" und das bedeutungsschwanger beginnende "Purpose For Pain" gehen unverkennbar als Saitenhieb in Richtung On/Off-Partner Mark Tremonti durch. Doch klingt der Vorbote des im Oktober erscheinenden Alter Bridge-Albums deutlich zupackender und vielseitiger. Wie bei vielen Produktionen dieser Rock-Generationen trumpft Kompression über Dynamik, was dem Hörerlebnis nicht wirklich zuträglich ist.

Mit Kid Rock teilt er nicht nur die Vorliebe für Balladen im Southern Rock-Gewand ("Heaven In Me") sondern auch für leicht beschürzte Rockerbräute. In der zweiten Hälfte driftet die Band in allzu seichte Gewässer ab. Was "Ready to rock" beginnt, endet mit "Ready To Love".

Stimmlich weiß der 45-jährige um seine Bandbreite, die im Fahrwasser von Live und Pearl Jam Millionseller wie "Higher" oder "With Arms Wide Open" veredelte. Das vielseitige "Red Clouds" klingt wie ein wuchtiger Befreiungsschlag inmitten des austauschbaren Balladen- und Hardrock-0815-Stückwerks. Der Song hält die Balance zwischen Hook und Haltbarkeit. Die Band wagt mit elektronischen Versatzstücken gar den Blick über den musikalischen Tellerrand. Den Höhepunkt markiert "Name" indem der "Man without a father" seinem eigenem Filius die Treue schwört und ihm verspricht ähnliche Seelenqualen zu vermeiden.

Daneben gibts auch reichlich plattes Lyric-Futter wie den "Heaven in me", den er sich trotz zahlreicher Kämpfe mit dem Deibel bewahrt hat. Auch wenn er häufig in die typischen Freund/Feind-Schemata abdriftet, überwiegt der kritisch-selbstreflexive Blick. Dieser Mut hätte der Musik größtenteils auch gut getan.

Trackliste

  1. 1. World I Used To Know
  2. 2. Name
  3. 3. Purpose For Pain
  4. 4. Heaven In Me
  5. 5. Survivor
  6. 6. Wake Up Call
  7. 7. Face Of The Sun
  8. 8. Red Clouds
  9. 9. Gone Too Soon
  10. 10. Ready To Love

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