laut.de-Kritik
Was für eine Enttäuschung!
Review von Kai KoppWas für eine Enttäuschung! Kurze Zeit nachdem er sich mit seinem vierten Album "Seal 4" erneut ins Bewusstsein der Musikgemeinde singt, veröffentlicht Seal eine Live-DVD, die sich einem Konzertmitschnitt vom 16. Dezember 1991 (!) widmet. Immerhin 13 Jahre und einige wichtige Singles ist das jetzt her. Zum Glück hatte er zu diesem Zeitpunkt schon sein Debütalbum "Seal" (ebenfalls 1991) auf dem Markt. Trotzdem ist sein Repertoire nach nur einem Album naturgegeben eingeschränkt.
In Sachen Genre-Schubladisierung definiert sich Seal in der bis heute gültigen Kategorie 'Black Rock-Funk'n'Soul-Pop'. Die gitarrenlastigen Rocktitel ("Future Love Paradise", "Whirlpool" und "Hide") sind dabei stilecht und unüberhörbar von den 70ern inspiriert. Jimi Hendrix, Peter Frampton und andere Heroen der damaligen Zeit tauchen mit voller Wucht aus den tiefen des Gedächtnisses auf. Ersterem wird gar in Form eines "Hey Joe"-Covers gehuldigt.
Aber Seals Männlichkeitsdarstellung begnügt sich nicht mit martialischen Rockbeats. Seiner soften Popmusikseite liegt immer eine gehörige Portion Funk'n'Soul zugrunde. "The Beginning", "Crazy" und "Wild" legen davon ein ehrliches Zeugnis ab. Alles nett, aber - in einer auf die Popmusik bezogenen Zeitrechung - alt.
Den Gesamteindruck von "Live At The Point" mindern ferner unübersehbare Synchronisationsfehler. Singende Mundbewegungen ohne Ton bzw. Höreindrücke ohne die entsprechenden Mundbewegungen stören das Vergnügen mindestens so stark wie rhythmische Handclap-Spielereien mit dem Publikum, die partout nicht mit dem Sound übereinstimmen wollen.
Obwohl sich der Silberling eher als Fan-Sammlerobjekt entpuppt, bieten die Extras einen gewissen Mehrwert. Vor allem die Unplugged-Versionen von "Deep Water", "Show Me", "Crazy", "Wild", "Whirlpool" und "Violet" überzeugen. Die akustischen Versionen rücken Seals Kompositionen in ein nacktes Licht und lassen seine gesangliche Ausdruckskraft in intimen Farben leuchten.
Die zusätzlichen Video-Takes legen lediglich ein authentisches Zeugnis der Klang- und Videoästhetik der frühen 90er ab. Allenfalls historisch interessant. Ein weiterer dicker Minuspunkt ist das ausschließlich der Labelwerbung dienende Booklet. Keine einzige Zeile darin ist für Hintergrundinformationen reserviert. Es werden lediglich Kaufempfehlungen ausgesprochen. Das kann man für Seals "Live At The Point" nicht ruhigen Gewissens tun.
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