laut.de-Kritik
Zweite Nickelback-Ausgabe mit etwas dickeren Hosen.
Review von Alexander CordasMit Updates ist es ja so eine Sache. Bei Software zumindest versucht der Hersteller, den Quatsch, den er mit vorherigen Versionen fabriziert hat, besser zu machen. Bei Musik verhält es sich ähnlich. Digitally remastered, Coverversionen, Neuaufnahmen, es gibt einige Möglichkeiten, das bereits Vorhandene aufzupäppeln.
Seether sind da ein hervorragendes Beispiel. Ihre Demoaufnahmen aus dem Jahre 1999 verhalten sich zu "Disclaimer II" wie Windows 98 zu XP. Die Amateurband hat es dank eifriger Hilfe der Labels, Produzenten und eines Gaststars geschafft, aus den dunklen Ecken des Proberaums heraus zu kommen und ein Produkt von internationalem Standard einzuspielen. Das hat im ersten Anlauf mit der Urversion dieses Albums ("Disclaimer") lediglich in ihrer Heimat Südafrika hingehauen. Die bereits auf der ersten Ausgabe des Debüts vertretenen Songs erfuhren daraufhin ein soundtechnisches Upgrade durch Bob Marlette. Die Kaufentscheidung zur Neubearbeitung sollen Extra-Patches wie die Duett-Version von "Broken" mit Evanescences Amy Lee und das ebenfalls vom Punisher-Soundtrack stammende "Sold Me" sowie drei weitere neue Songs erleichtern.
Allerdings erweitert das die Anwendungsmöglichkeiten der Seether-Mucke nur bedingt. Von der etwas aggressiveren Gitarrenarbeit einmal abgesehen, klingt die Band nämlich wie eine zweite Ausgabe von Nickelback, nur mit etwas dickeren Hosen. Lediglich "Fuck It" glänzt mit durchaus bösigem Gesang. Ansonsten hat sich Herr Shaun Welgemoed, oder Morgan, wie er sich seit der Amerikanisierung der Band nennt, gesanglich besser im Griff und verlegt sich auf die melodischere Ausgestaltung des Sounds. Dabei macht er seine Sache ganz gut, er könnte aber noch besser klingen, wenn er sich nicht allzu oft darauf verlegen würde, einem gewissen Eddie Vedder allzu sehr nachzueifern.
Wieso es allerdings einer Amy Lee bedarf, um aus einer schönen Ballade eine erfolgreiche zu machen, fällt in den Bereich 'versteckte Quellcodes', denn die Originalversion ohne die zuweilen nervige Lee-Trällerei gefällt um einiges besser. Wie auch die etwas gezügelteren Kompositionen die Seether-Stärken voll ausspielen. "Needles", "Driven Under", "Sympathetic" sowie "Your Bore" fallen in diese Kategorie. Klotzen die Jungs dann mal (wie bei "Fuck It") etwas heftiger ran, klingt das nicht allzu einfallsreich und an manchen Stellen sogar überaus klischeehaft Metal-bemüht.
Vom Metal sind Seether jedoch ziemlich weit entfernt, was auch an der ziemlich glatten und wenig einfallsreichen Produktion liegt. Bob Marlette hat sich zwar bemüht, dem Klangbild den nötigen Wumms zu verleihen, bleibt jedoch hinter dem Ziel zurück, Seether so etwas wie ein eigenes Profil zu verleihen. So steht auf der Habenseite zwar eine gelungene Version 2.0, die eine aufstrebende Band zeigt, die sich jedoch noch ein wenig abstrampeln muss, um vollends zu überzeugen.
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