laut.de-Kritik
So und nicht anders müssen Battletracks aussehen.
Review von Philipp GässleinWieder einmal muss ich meinen Hut ziehen: Kaum jemand hätte die anfänglichen Berührungsängste mit Separates letzter Scheibe besser formulieren können als Kollegin Fromm. Das Ding explodierte nicht beim ersten Druck auf die Playtaste förmlich in den Ohren, ganz im Gegenteil. Aber gerade weil's so schön ist, einem Album seine wahre Größe erst nach ordentlicher Begutachtung aller Seiten abgewinnen zu können, hat das aktuelle Mixtape eine mehr als gründliche Inspektion verdient.
Separate bekam von vielen etablierten Größen des Sprechgesangs etwas mit auf seinen Karriereweg, und hat mit wenigen davon gebrochen. So wundert es wenig, dass sich neben der gesamten Buckwheats-Crew auch Olli Banjo, Laki, Ercandize und die Royalbunker-Nachwuchshoffnung Tua. Insgesamt 19 Featuregäste, eine Vielzahl von Produzenten und die Veredelung von DJ Katch verteilen sich auf 28 Tracks und beweisen, dass der Mann einen großen Freundeskreis hat. Obwohl sofort Toschlagphrasen wie "Verderben viele Köche nicht den Brei?" in den Sinn kommenm lasse ich mich mal unvoreingenommen durch Maschinengewehrknattern in die obskure Sichtweise des Mainzers auf unseren gemeinsamen Wohnort einführen.
Und das kann mitunter wirklich in Panikschüben enden. Sich vorzustellen, dass die debile Oma am Bürgersteig gegenüber eine Halbautomatik unter ihrem Stirckjäckchen hat, um jeden, der ihr nicht über die Straße helfen will, direkt in die Hölle zu befördern, lässt mich an meiner Einschätzungsgabe zweifeln und wirft philosophische Fragen auf. Nach Hechtsheim trau ich mich nun auch nicht mehr: Zu viele verwahrloste Junkies und Frauen, die ihren Körper verkaufen liegen da rum. Ich hatte die immer für Studenten gehalten.
Trotzdem erntet der Rapper nach einem misslungenen Auftakt mit dem hervorragenden "44 Bars" erst mal Beifall. So und nicht anders muss ein Battletrack aussehen. Er variiert in Tempo und Reimschema und prügelt jedwegen imaginären Gegner mit bösen Tiefschlägen schon vor der zweiten Runde aus der Arena. Wer so aufdrehen kann, der hat zahlreiche Freestyle-Wettbewerbe während der "Wir batteln Jeden-Tour" der Beatfabrik nicht zu Unrecht gewonnen. Er hat nicht die belebende Ironie oder die Technik eines Tone, aber das macht er mit einer Menge Charme und einem gesunden Maß an Selbstüberschätzung fast völlig wett.
Sein Leben scheint dem Mainzer allerdings auch jede Menge Gründe zu bieten, Fehler und Zorn in seinen Tracks aufzuarbeiten. Wer nach zwei Jahren einen Disstrack an eine Exfreundin schreibt, mit der er zwei Wochen zusammen war, der will es aber vielleicht auch gar nicht anders. Aber gut - Hass fasziniert mich, und "Neva leave me" wirkt so verdammt ehrlich, dass der leicht penetrante Beat letztendlich nicht mal wichtig erscheint. Auch sonst legt der Mainzer nach wie vor den größten Teil seines Augenmerks auf authentische Betrachtungen seines Lebens und vermutlich weniger authentische Gangstergeschichten - ersteres kann er deutlich besser.
Bei "Zahltag" sammelte vor allem die Beatauswahl fleißig Punkte, wenn sie auch lange zum zünden brauchte. Doch wenn die Produzenten zur Jagd auf den König blasen werden sämtliche Register gezogen. Ob melancholisches Piano, getragene Streicher, rollende Synthies, spanische Gitarre, Separate glänzt auf jedem dargebotenen Klanggerüst. Dabei wird die Experimentierfreudigkeit, gerade zu Beginn der Platte, manchmal zu ihrem eigenen Verhängnis: "The Champ Is Here" baut auf Bongos und Keyboard-Shouts, "Runnin" auf Orgel und Gospelchor, beide bleiben aber so spannend wie ein Tag auf dem Friedhof. "True Zu Dem Game" wirkt mit seinem langsamen Harmoniewechsel und dem pumpenden Bass wie ein Stück von Portishead, nur leider verpatzt Beth Gibbons ihren Einsatz. Und manche Samples, wie das von "Taktisch Klug" sind schlichtweg langweilig - das geht gar nicht klar, nicht mal dann, wenn man wie der Mainzer gerade zu viel Biggie hört.
Ich habe mich entschieden: Shuko darf als neuer Gott der deutschen Produzentenszene verehrt werden, und das ist durchaus monotheistisch gemeint. Kanye West mag aus Soulsamples Gold machen - Shuko nimmt eines, arrangiert es wie ein Musical und presst es danach mit seinen Arschbacken zu einem Diamanten. Ansonsten gibt es kaum eine Überraschung: Lakman hat noch immer Probleme mit der richtigen Silbenzahl, Ercandize wird immer abgeklärter. Dass Abroo und
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Warum fehlt das Ende?