laut.de-Kritik

Selbst Fred Durst konnte hier nichts mehr falsch machen.

Review von

"Wir könnten einfach ein paar alte Joy Division-Songs wiederveröffentlichen und die meisten Leute würden denken, es seien neue Songs", witzelte New Order-Bassist Peter Hook letztes Jahr in Interviews. So ganz ernst war das natürlich nicht gemeint, denn trotz einer massiven Welle an neuen Bands, die sich auf sein Erbe beriefen, kam an das Original höchstens Interpol heran, die eine überzeugende Neudefinition der schwermütigen Akkordkunst um Hooky und Curtis zustande brachten.

Nun kommen She Wants Revenge daher und machen erstmal alles falsch: Alberner Bandname, lausiges Cover, ein Hit namens "Tear You Apart" (im Ärmel noch einen namens "Out Of Control") und zu allem Überfluss auch noch von einem gewissen Fred Durst protegiert. Doch schon nach der Hälfte des Fünfminüters "Red Flags And Long Nights" ist der Rapmetal-Kasper mitsamt den Rip Off-Verdächtigungen vergessen: Monoton stochert der Drumcomputer in der Erde, lässt nach und nach einen wavigen Gitarren-Nebelschleier über sich setzen, bevor zwei so lose wie effizient gesetzte Akkordwechsel den Drive-Pegel anheben und Sänger Justin Warfield mit leicht verzerrtem Gesang jene Tränen zu trocknen sucht, die der Tod des Joy Division-Sängers Ian Curtis einst hervorrief.

Damit wir uns richtig verstehen: Dessen disharmonischen Vortrag wird auf ewig niemand stilecht zu imitieren wissen. Und obwohl Warfield hier die Atmosphäre von einem Stück wie "She's Lost Control" geradezu zu fühlen scheint und er seine Stimme dementsprechend morbide flimmern lässt, der Sound ist eindeutig im Hier und Jetzt verortet und schielt unverfroren Richtung Tanzfläche. Die Wurzeln von She Wants Revenge fußen nämlich auch im schillernden Früh-80er-Synthie Pop und lassen sich daher kaum mit der gravitätischen Schwere Interpols vergleichen.

Warum gleich das US-Majorlabel Geffen angebissen hat, verwundert jedenfalls kaum angesichts des grazilen und doch euphorischen Gruftpops in "These Things" und "Tear You Apart" oder dem an Fischerspooners "Emerge"-Refrain gekoppelten Diskobrett "I Don't Wanna Fall In Love". Richtig unheimlich wird es bei "Broken Promises For Broken Hearts", wenn Warfield plötzlich auch noch Marc Almonds Intonation drauf hat: "Torn up photos and lonely nights / cursing crying and drawn out fights / make-up sex and a brand new start / broken promises for broken hearts." Uuhhh, tainted love.

Was 2004 mit einer harmlosen EP begann, bläst dem amerikanischen Duo mittlerweile in Orkanstärke um die Ohren. Ein Auftritt auf dem kalifornischen To Be-Festival Coachella, anschließend Support-Einladungen von Depeche Mode und Placebo und ein Videodreh mit Regisseur Joaquin Phoenix - mit ein wenig Glück geht das noch ab wie bei den Killers. She Wants Revenge beginnen allerdings erst ab dem zehnten Song etwas zu langweilen. Wir lernen: Es gibt noch frische Tropfen im eigentlich ausgewrungenen Wave Rock-Schwamm. Und Rap-Waschlappen Fred Durst sollte allen Ernstes bei seinem A&R-Job bleiben. Vielleicht wird er dann auch mal ein ganz Großer.

Trackliste

  1. 1. Red Flags And Long Nights
  2. 2. These Things
  3. 3. I Don't Want To Fall In Love
  4. 4. Out Of Control
  5. 5. Monologue
  6. 6. Broken Promises For Broken Hearts
  7. 7. Sister
  8. 8. Disconnect
  9. 9. Us
  10. 10. Someone Must Get Hurt
  11. 11. Tear You Apart
  12. 12. She Loves Me, She Loves Me Not

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