laut.de-Kritik

Wir gehen unter, aber das mit einem Lächeln.

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Die vergangenen Jahre waren nicht einfach für Sheryl Crow. Nach dem lauwarmen Album "Wildflower" (2003) tauchte sie musikalisch unter. 2005 lernte sie Lance Armstrong kennen und verlobte sich mit ihm.

2006 erfuhr Sheryl von ihrer Brustkrebserkrankung. Sie ließ sich operieren, unterzog sich einer Chemotherapie und musste auch noch verkraften, dass ihre Beziehung mit dem Radprofi in die Brüche ging. Doch die zierliche Frau aus Missouri lässt sich nicht so leicht unterkriegen: Im Sommer 2007 stand sie wieder auf der Bühne und schien fitter denn je.

Mit ihrem sechsten Studioalbum wagt die 45-Jährige nun einen Neuanfang. Und der führt sie zurück zu den Ursprüngen - zu Bill Bottrell, der maßgeblich am Debüt "Tuesday Night Music Club" (1993) beteiligt war.

Begleitet von einer Akustikgitarre erzählt Crow im Opener "God Bless This Mess" die Geschichte einer einfachen Frau, die Versicherungen übers Telefon verschachert, und deren Bruder, der verstört nach Hause zurück kehrt. "Ich habe vom Tag gehört, an dem zwei Wolkenkratzer eingestürzt sind … der Präsident hat uns mit Tränen in den Augen ermuntert und dann unser Land in einen Krieg geführt, der nur auf Lügen gründet. God segne dieses Chaos", prangert sie in den letzten Zeilen an.

Die Sängerin scheut deutliche Worte nicht – sie sprach sich schon 2003 gegen den Irak-Krieg aus - dennoch sind solche Töne auf Platte für sie neu. Die erste Single-Auskopplung "Shine Over Babylon" beschäftigt sich mit den Auswüchsen der zeitgenössischen Gesellschaft ("Wir loben die goldene Kuh und verehren aufgeblähte Bankkonten") und den Folgen des Klimawandels.

"Love Is Free" handelt von New Orleans und dem stümperhaften Krisenmanagement nach Hurrikan Katrina. "Wenn wir schon keine Hilfe erhalten und kein Geld haben, lasst uns lieben, denn Liebe kostet nichts", heißt es im Refrain.

Doch Crow steht nicht in einer Barden-Linie mit Bob Dylan oder Billy Bragg, bei denen die Texte im Mittelpunkt stehen. Sie bleibt in erster Linie eine Popsängerin mit Gitarre, weshalb die Arrangements der Songs gewohnt ausgefeilt daher kommen und ein Augenzwinkern in Richtung Charts nicht verbergen.

"Love Is Free" klingt fröhlich und unbekümmert wie "Obladi Oblada" von den Beatles. Das ebenfalls kritische "Out Of Our Heads" könnte problemlos als Hymne für die nächste Fußball-WM durchgehen. "Peace Be Upon Us" im Duett mit dem arabischen Sänger Ahmed Al Hirmi erinnert an Sting in seiner Weltmusikphase.

Selbst die düstere Vision von "Gasoline", nach der im Jahr 2017 weltweit das Benzin ausgeht, klingt dank des Einsatzes von Ben Harpers eher groovig als traurig. Der Track knüpft an Crows Hit "Everyday Is A Winding Road" an.

"Wir gehen unter, aber das mit einem Lächeln", scheint die Botschaft der ersten Hälfte des Albums zu sein. In der zweiten beschäftigt sich Crow mit einem weiteren Thema, das ihr sehr am Herzen liegt: sie selbst.

Angesichts der erlittenen Rückschläge fällt dieser Teil melancholischer aus. "Mutter, halt mich fest. Es ist so dunkel, dass ich dabei bin, mich zu verlaufen. Ich habe all diese Umwege genommen, um Liebe zu finden. Aber als ich sie gefunden habe, hat sie sich aufgelöst", singt sie im Titeltrack. "Jetzt, wo du weg bist, bin ich frei. Frei, alles kaputt zu machen", klagt sie in "Now That You're Gone".

Diamantenringe bedeuten gar nichts, Liebe ist wie betrunken sein – ein Zustand, den die Sängerin 1993 in "All I Wanna Do" noch bejahte, ihr mittlerweile als bekennende Fitnessfanatikerin aber zuwider sein dürfte.

Das letzte Stück widmet die Sängerin ihrer persönlichen Zukunft - ihrem Adoptivsohn Wyatt. Ob der Säugling bei den Streicherklängen tatsächlich einschläft, ist fraglich. Jedenfalls sorgt das "Wiegelied für Wyatt" für einen versöhnlichen Abschluss.

Mit "Detours" findet Sheryl Crow nach langer Durststrecke zu alten Stärken zurück: Musik, die ins Ohr geht, ohne allzu kommerziell zu klingen. Texte, die sich jenseits von Kitsch und Stereotypen mit persönlichen und gesellschaftlichen Problemen auseinander setzen. Nicht nur kommerziell besteigt sie damit den Thron der Queen des Folkpops.

Trackliste

  1. 1. God Bless This Mess
  2. 2. Shine Over Babylon
  3. 3. Love Is Free
  4. 4. Peace Be Upon Us
  5. 5. Gasoline
  6. 6. Out Of Our Heads
  7. 7. Detours
  8. 8. Now That You're Gone
  9. 9. Drunk With The Thought Of You
  10. 10. Diamond Ring
  11. 11. Motivation
  12. 12. Make It Go Away (Radiation Song)
  13. 13. Love Is All There Is
  14. 14. Lullaby For Wyatt

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