laut.de-Kritik
Traurig' Streben nach nebelverhangenen Auen.
Review von Kai KoppDie Volksweisen, die Sinead auf "Sean-Nós Nua" interpretiert, gehören zum Repertoire jedes ordentlichen Musik-Iren und werden auf Sessions im 'old style' (auf irisch 'Sean-Nós') vorgetragen. Sineads Plan, "to 'sexy' them up with rhythms and sounds", soll ihnen einen Hauch von 'new style' einverleiben, womit der Albumtitel vollständig erklärt wäre: Old Style But New - Sean-Nós Nua!
"Mit diesem Album besinnt sich die stimmgewaltige Irin auf ihre Roots zurück" heißt es im Begleittext, dabei lullt mich schon das Gitarrenintro zum Opener "Peggy Gordon" so richtig Wolfgang Petry-mäßig ein. Sobald Sinead O'Connor aber mit ihrer Stimmgewalt einsetzt, schmachtet sie mich direkt ins Off.
Zum Glück entpuppt sich "Peggy Gordon" als Ausrutscher. "Her Mantle So Green" galoppiert richtig zünftig fort und zupft auch musikalisch deutlicher an den irischen Wurzeln. "Eine Sammlung von traditionellen irischen Songs wurden in ein einzigartiges Popgewand gehüllt". AHA! Das nehm' ich mit Vorliebe in meine Begleittext-Plattitüdensammlung auf. Wie auch den aus der beigefügten Biografie: "Sinead O'Connor ist wieder auf dem Weg zu ihrem alten Ich, aussehens-technisch gesehen auf jeden Fall".
Aber im Ernst, man gewöhnt sich an die friedvolle irische Kultur im einzigartigen Popgewand. "Lord Franklin" und "The Singing Bird" fließen schon recht honigartig die musikalische Kehle hinunter. Nach "The Moorlough Shore" lechzt meine Seele ernsthaft nach einem verzauberten Highland, und auch das Schunkelakkordeon auf "The Parting Glass" weiß das begehrende Verlangen nicht wirklich zu unterdrücken. In "Lord Baker" löst sich mein traurig' Streben nach nebelverhangenen Auen in unsäglich profanen Durst auf echt irisches Guiness auf, was mich subito mit "Sean-Nós Nua" und auch allem anderen Ungemach dieser Welt versöhnt.
Sineads Ansinnen, die Traditionen zu bewahren und sie gleichzeitig weiter zu entwickeln, finde ich ja generell eigentlich irgendwie ganz gut. Ihr seid vielleicht zu jung, um Sinead O'Connor schon von ihren "Nothing Compares To You"-Zeiten zu kennen, aber ich schau schon ARD. Auch wenn "Sean-Nós Nua" durchaus schöne Momente hat, pflege ich deshalb die irische Kultur und Tradition lieber im 'Tir Na Nog' um die Ecke. Dort spielt jeden Freitag Jim, der Wirt, mit seinen Kumpels die Lieder und Weisen aus der fernen Heimat. Was für ein Fest!
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