laut.de-Kritik

Die volle Ragga-Word Power.

Review von

Calvin Davis wurde Anfang des Jahres 50. Seine Versuche, den Durchbruch als "Dancehall-President" zu schaffen, sind unermüdlich. "Perfect Timing" ist der nächste: Alle paar Jahre versucht dies der Jamaikaner wieder, der seit Ende der 90er in der Schweizansässig ist und bei den Ganglords, einer sehr guten Backing-Band im Umfeld von Phenomden, eine musikalische Heimat gefunden hat. Auch Deutschland ist er eng verbunden. Doch insbesondere in Frankreich kommt seine Mischung aus schwungvollem Raggamuffin mit viel Word Power und wenig Melodie, kleinen Flirts mit Hip Hop und digitalen Bausteinen in Dancehall-Couleur bestens an. Besonders gut zu hören ist diese Rezeptur im basslastigen "Rappa Pam Pam".

Mit dem Beatmaker-Sampling-Projekt L'Entourloop - wie auch Dub Inc aus Saint-Étienne - arbeitete Skarra schon 2016 auf einem anderen Song. "Street Dance ft. L'Entourloop" fühlt sich einer "long, long time" ganz nahe, wandelt auf den Spuren der Basslines von Scientist und King Tubby und lobt das Prinzip der Soundsystems der 80er.

Aus der französischen Szene tritt neben L'Entourloop zudem Yaniss Odua auf. Er trägt zu einem der Highlights auf "Perfect Timing" bei, dem zweisprachigen "Roots Rock Reggae ft. Yaniss Odua". Das druckvolle Stück peitscht kräftig auf alle denkbaren Lautsprecher-Membranen. Es lässt kaum einen Mikroanteil einer Sekunde aus, um die schwallartigen Lobeshymnen der beiden Herren auf ihre Musikstile Raggamuffin, Dancehall und Roots Reggae vom Stapel zu lassen. "Wicked reggae", wie sie fröhlich betonen. Zu den lässigen Stücken zählt auch "No Matta".

Reim-Kaskaden und harte, digitale Beat-Serien zu einer verführerischen, aber versteckten Melodie gibt es in "Who Fool Dem ft. Derrick Sound", als Doppel-Ping Pong in "What A La La ft. Johnny Osbourne + Manudigital" an der Seite von 80er-Legende Mister "Ice Cream Man" Johnny Osbourne, der in Frankreich im Frühjahr 2023 sein tolles Comeback-Album vorgelegt hat. Trockene Beats und Rhythm'n'Shakers reichen in "Expensive Love", das sich um eine Liebhaberin dreht, die gerne in Dubai urlaubt, finanziert von ihrem Freund: "She loves my money / but she don't love me!" Entsprechend psychedelisch surreal hören sich die Scratchings darunter an. "To poverty she says good-bye." Dann nimmt sie erst das Geld, steigt bekifft in einen Privatjet gen New York und ist über alle Berge.

Die starke Seite des Albums spürt man vor allem im treibenden Groove, während Harmonien, dem Sub-Genre Raggamuffin gemäß, eher sporadisch durchscheinen. Sie tun es im Opener "Here I Come" in Intro und Hook, im A capella-"Free Your Soul (Interlude)" und im mitreißenden Electro-Swing "Dancehall", der sich ein bisschen an Parov Stelar anlehnt.

Hingewiesen sei noch auf die Abrechnung mit Künstlicher Intelligenz und postmoderner Überwachung in "Mistry Babylon" mit seinen Brummel-Bässen. "Mistry Baaaby-looo-hon / set!! my! people! free! Mi-i-stry Babylon / freee-e-dom and unity!", mit dieser Zeile schraubt sich Skarra sofort ins Ohr.

Trackliste

  1. 1. Here I Come
  2. 2. Revolution
  3. 3. Street Dance ft. L'Entourloop
  4. 4. Roots Rock Reggae ft. Yaniss Odua
  5. 5. Rappa Pam Pam
  6. 6. Who Fool Dem ft. Derrick Sound
  7. 7. Free Your Soul (Interlude)
  8. 8. Mistry Babylon
  9. 9. No Matta
  10. 10. Expensive Love
  11. 11. What A La La ft. Johnny Osbourne + Manudigital
  12. 12. Dancehall
  13. 13. Perfect Timing

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