laut.de-Kritik
Gezielte Schwinger und geistige Tiefschläge.
Review von Moritz FehrleAuf "Konnichiwa" verteilte Skepta vor drei Jahren über düster wummernden Beats dank wendigem Flow immer wieder gezielte Schwinger und schmückt sich seitdem mit dem Gürtel als Schwergewichtschampion der Grime-Szene. Nach etlichen Jahren in der Szene war Skepta nun obenauf und haute auch in den kommenden Jahren eine eingängige Abrissbirne nach der nächsten raus.
Entsprechend hoch sind die Erwartungen an das fünfte Album "Ignorance Is Bliss". Von der Großartigkeit der ersten beiden Songs konnte man sich im Vorfeld schon ein Bild machen. Während Skepta zum elektrisch flirrenden "Bullet From A Gun" blitzartige Salven abfeuert, stellt Featurepartner Nafe Smallz auf "Greaze Mode" eine interessante Erweiterung des bekannten Soundkonzepts dar.
Inhaltlich werden keine neuen Fässer aufgemacht. Skepta rappt über Erfolg, Blender und darüber, dass er mir mein Mädchen wegnimmt. So weit, so bekannt. Aber der Text stand beim Londoner schon immer hinter der kompromisslosen Haltung und dem Nackenschellen verteilenden Sound.
Ein bisschen mehr Gedanken, über das was er verzapft, könnte sich der gute Mann trotzdem gerne machen. Denn während er auf "Redrum" mit fernöstlich angehauchtem Beat und Snoop Dogg Zitat ("Six million ways to murder") durchaus punktet, kommt mir bei der Hook doch kurz mal die Kotze hoch. Mit der Aussage "I'll slap you like Ike Turner" setzt Skepta zum geistigen Tiefschlag an.
Neben allen idiotischen Zeilen über häusliche Gewalt stammen auf dem fünften Album auch sämtliche Instrumentals von Skepta selbst. Das hat in der Regel den großen Vorteil, dass der Londoner ziemlich genau weiß, was er benötigt. Die aneinander anschließenden "Same Old Story" und "Love Me Not" sind im besten Sinne unmittelbar als Skepta-Beats erkennbar und bieten den optimalen Teppich, über den Skepta dann stampft. Pluspunkte gibt's für das "Murder On The Dancefloor"-Sample.
Bisweilen geht das Konzept der "One Man Show" allerdings auch schief. Der Beat von "No Sleep" mag noch ein verkraftbarer Ausfall der Marke "Hit or Miss" sein, aber mit zunehmender Dauer kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Skepta ein paar mehr Ideen von außerhalb gar nicht schlecht getan hätten. Auch von den Featuregästen drängt sich außer Nafe Smallz niemand so wirklich auf.
Die großen Smash Hits à la "Man" oder "That's Not Me" finden sich diesmal nicht. Am ehesten in diese Kategorie fällt noch "You Wish", obwohl sich gerade dort ein gewisses Schema F bei der Konzeption nicht verheimlichen lässt.
Die Mittel sind die gleichen wie die, mit denen sich Skepta vor drei Jahren an die Spitze boxte. Doch wo auf "Konnichiwa" noch kompromisslos attackiert wurde, bleibt "Ignorance Is Bliss" über große Strecken doch eher im Verwaltungsmodus.
Da hatte man sich nach den ersten Eindrücken doch etwas mehr Biss gewünscht. Immerhin beendet das Album mit "Pure Water" nochmal ein echtes Highlight. Ein letztes Mal spannt Skepta die Muskeln an und wagt sich aus der Deckung. Und wenn es auch nur ist, um anderen Leuten die Frau auszuspannen. "They say a girl is a gun. See a man walkin' with his wife and I disarm him".
1 Kommentar
Der Mann hat einfach Style und geht mit dank seiner coolen Stimme im Gegensatz zu Dizzee Rascal und Wiley nicht auf die Nerven, aber als Grime-Genrefremder würde ich ihn lieber auf ordentlichen Hip-Hop-Produktionen hören. Daher gefiel mir der Vorgänger mit seiner leichten Amerika-Orientierung besser. Auf die Texte habe ich beim ersten Durchgang nicht groß geachtet, aber wird wohl Zeit für eine Zusammenarbeit mit den Ehrenmännern von 187.