laut.de-Kritik
Zwischen professioneller Klarheit und roher Gewalt.
Review von Stefan JohannesbergDer Flurfunk vibrierte, ein Raunen wurde laut im Norden: Smoke Blow sollen 1999 auf der zweiten Auflage des Honigsee Open Airs, einem kleinen aber feinen DIY-Festival op'n Dorf in der Nähe von Kiel. Aus der Landeshauptstadt kamen zu diesem Zeitpunkt schon gute Bands aus dem härteren Genre, doch Smoke Blow umgab eine nicht gekannte, nationale Rockstar-Arroganz inklusive Don't Give a Flying Fuck-Attitüde auf und neben der Bühne. Die Jungs um Jack Letten hatten zu diesem Zeitpunkt bereits ein Album veröffentlicht, schraubten Show für Show an ihrem legendären Ruf und zeigten im ganzen Auftreten auch bei jenem Open Air, dass die Plöner Provinz zu klein ist für sie und ihre punkigen Stoner Rock-Hits.
Fast ein Vierteljahrhundert, zig Alben und unzählige Shows später werden sie gleichsam als Kieler Regionalheiligtum, das man höchstens noch mit Hamburg teilen mag, wie auch als Aushängeschild Kiel Rock Citys verehrt. Vorbei die Zeiten von Neid und Mackertum, Liebe is in the Stall. Das letzte Studioalbum droppte die Band 2010, Sänger Jack Letten reitet seitdem als Erik Cohen gülden durch die Stadt und trotzdem fällt die Turbonegro-Jugend auch Jahrzehnte später reihenweise in Ohnmacht, wenn wieder ein Konzert von Smoke Blow ansteht.
Um ihren Fans trotz fehlenden kreativen Outputs genug Futter und Schnappes zum Überleben zu servieren, stiefelte man 2018 ins Studio, um für "Demolition Room" diverse Smoke Blow-Evergreens noch einmal live einzuspielen. 2023 folgt nun der zweite Teil "Demolition Room II". War der erste Teil noch geprägt von der staubig-dreckigen Seite der Truppe, so widmet sich Part 2 - zumindest in der ersten Hälfte - den catchigen Hymnen.
Der neue Track "Dopethrone" führt den Reigen an - und wie. Langsam die Spannung aufbauend explodiert er mit MC Straßenköter am Mic und melodiöser Leadgitarre in der Strophe. Wie Jack Letten mit "Creatures of the past" den Refrain mustergültig in bester Danzig-Manier initiiert und MC Straßenköter mit aggressiven Shouts vollendet, erinnert an das kongeniale Zusammenspiel von Eggert Dolling und Heiko Nickel 1988 oder heuer Fiete Arp und Benedikt Pichler im Holstein Stadion. Die drei Gitarristen, unter anderem mit Späthi, Ex-Bonehouse und Konzertklampfer bei Eric Cohen und einem der besten Gitarristen diesseits des östlichen Fördeufers, bilden sofort eine undurchdringbare Wand wie Thierry Omeyer in der Ostseehalle.
Nahtlos schließt sich der Mitgröhl-Abreißer "Hate Kill Destroy", vom besten SB-Album "German Angst", an den Opener an und bereitet den New Wave-Punk-Part vom "Dark Angel"-Werk zwei Jahre später kongenial vor. Auf den eingängigen Mitsing-Tunes "Iron In My Soul" und "Diabolical" brilliert Jack Letten, als wäre er in der Pumpe 2006. Und wüsste man nicht, dass das folgende "Waking The Dead" der zweite, neue Erguss der Kieler ist, man hätte ihn dank Ohrwurmcharakter auch locker auf "Dark Angel" verortet. Alleine die Ska-Einlagen in den Strophen verwirrt die HeadbangerInnen alter Schule kurz.
"Summer Of Betrayal" und "Final Hands" vom letzten Studioalbum "The Record" ziehen Härte und Tempo dann kurz auf Hardcore-Niveau und Herr Straßenköther übernimmt die Führung. Der Live-Sound aus dem Studio wandert dabei wunderbar sicher auf der schmalen Linie zwischen professioneller Klarheit und roher Gewalt. Letztere bricht sich im letzten Drittel Bahn, holen Smoke Blow doch die ersten drei Scheiben aus dem eigenen Vinyl-Schrein.
Im neuen Gewand beweist vor allem "Satan's Highway" vom 1999 Debüt "Smoke's A-Blowin' Black As Coal", dass auch die früheren Kompositionen nichts am Kanzler'schen Doppelwumms verloren haben. Die "777 Blockrock"-Tracks "Beelzebubba Walk", "Ugly Germ Trash" und "West Virginia" sowie "Sweetwater" von der "Punkadelic"-Scheibe beenden "Demolition Room II" gebührend. Ein für 1999, zwei für 2023 und drei für die Ewigkeit. Wenn die Stones bis 100 spielen, sollten Smoke Blow dies schon lange.
5 Kommentare mit einer Antwort
Was genau sollen Smoke Blow auf der zweiten Auflage des Honigsee Open Airs?
Gut, jetzt mal wieder Criminal hören.
berechtigte Frage: "zocken" fehlt da wohl
Lief kürzlich Demolition Man im TV? Smoke Blow natürlich unhatebar, 5/5
Den Namen des Albums zwei mal falsch schreiben muss man auch fertig bringen.
Dieser Kommentar wurde wegen eines Verstoßes gegen die Hausordnung durch einen laut.de-Moderator entfernt.
Die haben früher so circa zwischen 2004 und 2009 (die Jahreszahlen können auch abweichen, ist ja schon lange her) bei uns im Volxbad in Flensburg immer Weihnachtskonzerte gespielt, war immer ziemlich cool. Die neue Scheibe werde ich mal auschecken.