laut.de-Kritik
Bei der Macht von Grayskull - Snap! haben die Kraft.
Review von Sven Kabelitz"Zoombahey, agowaheya, Zoombahey, agowaheya, Zoombahey, agowaheya, Ago, ago, agowaheya". Ein Ruf, der im Jahr 1990 uns Kultist:innen in großen Teilen der Welt verband. Ein aus Deutschland ausgesandter Gesang, der bis in die Vereinigten Staaten, nach Neuseeland und Zimbabwe hallte. Wir alle waren zu etwas "Zoombahey, agowaheya" eins. Wir waren die Mitglieder:innen des "Cult Of Snap!".
Damals waren Snap! (das Ausrufezeichen hatten sie sich verdient) noch nicht serious as cancer. Damals war der Begriff Eurodance noch nicht mal ein Glitzern in den Augen einer Marketingabteilung. Die beiden Frankfurter Jungs (Frank-Furt!) Luca Anzilotti and Michael Münzing tobten sich vielmehr einfach nur etwas aus. Eben noch waren sie die Organisation Of Fun, waren sie Off, brachten sie mit ihrem "Electrica Salsa" sogar in Calpe spanische Greise vor deren Spielhalle zum Tanzen. Doch mit dem Ausstieg ihres Frontmanns Sven Väth, der sich schlichtweg wieder mehr auf sein DJ-Leben konzentrieren wollte, gingen die beiden neue Wege.
Im Grunde wollten sie nur etwas Feines für die sich damals am Frankfurter Flughafen befindliche Diskothek Dorian Gray basteln. Dabei hatten sie vieles im Kopf, aber sicher keinen Welthit, der bis heute in großen Neon-Buchstaben nachhallt, nein, eher nachschreit. Es entstand ein aggressives Gebilde aus Italo-Disco, Acid-House, Hip Hop und Electropop, dem aber noch etwas fehlte. Ohne den Herr zu fragen, fügten sie Chill Rob Gs Rap aus "Let the Words Flow" hinzu und rundeten den Song mit einem kurzen Sample aus Jocelyn Browns "Love's Gonna Get You" ab: "I've Got The Power!". Es konnte ja keine Person ahnen, das sich das unter dem Namen Power Jam veröffentlichte Ding wie geschnitten Brot verkauft.
Panik! Was nun? Man greift sich mit Turbo B. den erstbesten Rapper; der vor dem Studio vorbei schlendert und sich nicht genug wehrt. Diesen lässt man schnell neue Parts einrappen. Dann holt man sich die Sängerin Penny Ford an Bord. Nun veröffentlicht man das Ganze schnell noch mal unter dem Namen Snap!. Natürlich nicht, ohne das Bandlogo von Stax Records zu mopsen. Merkt alles sicher niemand. Talent borrows, genius steals. Ab nun war es so weit: By the power of Greyskull - Snap! have "The Power". Für immer, für ewig.
Während Anzilotti und Münzig die Menschheit mit den Pseudonymen John Virgo Garrett III und Benito Benites foppten, wurden der bullige Rapschreier mit tiefer Stimme und durchschnittlichem Talent sowie Ford zu den Gesichtern des Acts. Neben dem deutlich aggressiveren Sound war der wohl größte Unterschied zu anderen Projekten dieser Art der, dass Anzilotti und Münzig die Menschen, mit denen sie arbeiteten, immer auch mit einbezogen. Ford und B. waren keine simplen Untergebenen, sie durften sich an den Texten beteiligen und Vorschläge für weitere Songs einbringen.
So entsandt der auf "I Don't Believe You Want to Get Up and Dance (Ooops!)" der Gap Band basierende Quietscheentchensong "Ooops Up" auf Fords Vorschlag, rückte ihr stimmliches Können ganz in den Mittelpunkt. "Believe The Hype" stellt die gar nicht mal so misslungene Frankfurter Antwort auf Public Enemys "Don't Believe The Hype" dar.
Snap!s Kryponit zeigt sich auf "World Power" aber deutlich. Sie schafften es nicht mal im Ansatz, die Strahlkraft der vier Singles "The Power", "Ooops Up", "Cult Of Snap!" ("Zoombahey, agowaheya") und "Mary Had A Little Boy" über die gesamte Länge zu retten. Dabei finden sich auf der LP gerade einmal acht Tracks, auf der CD-Version zehn. Das Gefälle zwischen Singles und Albumsongs ist größer als der Marianengraben.
Gerade einmal das auf dem Kinderreim "Mary Had A Little Lamb" basierende "Mary Had A Little Boy" erhebt sich aus dem Sumpf der zweiten Hälfte. Das eintönig vor sich hin klimpernde "I'm Gonna Get You (To Whom It May Concern)" stellt den verstörenden Versuch einer Plastikklavierballade dar. Das misslungene "Witness the Strength" müht sich einem mies eingebundenen Sample von Led Zeppelins "Whole Lotta Love" ab. Über "Blasé Blasé" hüllen wir den Mantel des Schweigens.
Netterweise veröffentlicht BMG "World Power" nun nur als "Limited Pictured Vinyl Edition" neu. Schick anzuschauen und klanglich ohne Makel. Als weiteres Bonusfeature fällt zudem der nur auf der CD befindliche Beatbox-Track "Only Human" unter den Tisch. Wahrlich kein Verlust.
Snap! entwickelten sich nach "World Power" zu einer Art David Bowie der Dance Music. Nur dass sie anstelle der Outfits gleich die kompletten Sänger:innen austauschten. Der Sound wandelte sich mit jedem Release, landete letztlich bei Trance. Es bleiben "The Power", es bleiben "Rythmn Is A Dancer" vom Nachfolgealbum "The Mandman's Return", es bleibt "Zoombahey, agowaheya, Zoombahey, agowaheya, Zoombahey, agowaheya, Ago, ago, agowaheya".
6 Kommentare mit 3 Antworten
Das alles begann natürlich nur wenige Monate nachdem die belgischen Club-Veteranen von Technotronic ihren Welthit "Pump up the Jam" 1989 veröffentlichten, der übrigens in Folge dessen u.a. zur kanadischen Nationalhymne avancierte und 5x hintereinander of der Beerdigung von Stanley Kubrick abgespielt wurde.
"Cunk on Earth" gesehen?
Philomenal!
Für Menschen, die Musik hassen.
Es war, ist und wird immer fürchterlicher Schrott bleiben.
"Schick anzuschauen und klanglich ohne Makel."
*Klugscheißmodus on*
Klanglich sind Picture Discs grundsätzlich eher mau, da der dabei verwendete durchsichtige Kunststoff im Gegensatz zum regulären Vinyl ein deutlich vernehmbares Grundrauschen produziert.
*Klugscheißmodus off*
Das klingt nur klugscheißerisch, denn es ist die absolute Wahrheit. Picturediscs sind reines Dekomaterial, zum hören nicht geeignet!
Exterminate war geil.
Mir egal.
Ich find das Album noch immer geil.
Und Blase Blase ist nach The Power mein 2ter Favorit.
Ernsthaft: Mitglieder:innnen?!? Das Mitglied ist sächlich, von daher ist eine weibliche Form noch überflüssiger als sonst. Aber beim Film RRR nicht in der Lage sein, einen Tollywoodfilm von einem Bollywoodfilm zu unterscheiden.