laut.de-Kritik
Gehaltvolles Indie-Songwriting aus Glasgow.
Review von Michael SchuhSchön, dass mir diese Veröffentlichung noch einmal die Gelegenkeit bietet, auf das vor zwei Jahren erschienene und leider an dieser Stelle nicht besprochene Album "Son of Evil Reindeer" der Reindeer Section hinzuweisen. Schottlands Weltauswahl ging seinerzeit ins Studio, um sich ein wenig die Zeit zu vertreiben und natürlich meine ich nicht die Luschikicker von Alt-Terrier Vogts, sondern Mitglieder der Bands Mogwai, Arab Strap, Idlewild, Teenage Fanclub, Belle & Sebastian und eben Snow Patrol.
Die Qualität dieses lockeren Zeitvertreibs mit trocken-charmantem Folk-Flow übertraf dabei so manche ernstgemeinte Produktion einiger ambitionierter Trübsalbläser von der Insel. Initiator der Geschichte war übrigens Snow Patrol-Kopf Gary Lightbody, der nun, als einer der letzten Beteiligten von damals, wieder seine Hauptband sprechen lässt. Zehn Jahre nach der Bandgründung stellt "Final Straw" zwar erst Album Nummer Drei des Glasgower Quartetts dar, birgt dafür aber umso gehaltvolleres Indie-Songwriting, das endlich auch deutschem Publikum zugänglich gemacht wird.
Dass sich in Amerika bereits das renommierte Interscope-Label (Eminem, Black Eyed Peas) die Finger nach den Schneemännern leckt, dürfte vor allem an den vortrefflichen Singles der Band liegen ("Chocolate" wird die nächste, wetten?). "Run" zum Beispiel macht alles richtig, erinnert zunächst lässig an The Cure, baut sich dann seelenruhig auf, um schließlich in einen dieser Wehmut getränkten, Coldplay-artigen Refrains abzurauschen, bei dem man einfach nur die ganze Welt, oder eben die Freundin umarmen möchte.
"Spitting Games", der nächste Überflieger, legt einen Gang zu, ohne an Pop-Appeal einzubüßen. Die warme und unaufdringliche, oft lakonisch wirkende Stimme von Sänger Lightbody schwebt dabei immer federleicht über den Instrumenten, selbst wenn er, wie in "Wow" oder "Tiny Little Fractures", gegen dickere Gitarrenwände ankämpfen muss. Randvoll mit ganz starken Momenten, die schon der Opener "How To Be Dead" mit neon-goldenem Melancholie-Knistern überzeugend ankündigt, ist das Album zwar nicht. Dafür liefern die Snow Patrols eine derart professionelle Alternative-Vorstellung ab, dass man das Album auch über schwächere Phasen hinweg locker durchhören und somit auch weiter empfehlen kann.
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