laut.de-Kritik
Mit Jazz hat das nicht so viel zu tun
Review von Toni HennigDas letzte Söhne Mannheims-Album "MannHeim" stand unter heftiger Kritik. Gerade der Song "Marionetten" gab Anlass zur Sorge, dass die Band ein braunes Klientel bediene. Das damalige Aushängeschild Xavier Naidoo sah das anders und betonte auf Facebook, dass es sich bei dem Track nicht mehr als "um eine zugespitzte Zustandsbeschreibung gesellschaftlicher Strömungen" gehandelt habe, die vielleicht "missverständlich" ausgedrückt war. Wie wir nun wissen, lebt der Sänger mittlerweile in seiner ganz eigenen Verschwörungswelt aus abstrusen QAnon-Horrormärchen und esoterischen Erleuchtungsfantasien.
Nach "MannHeim" warf er das Handtuch und mit ihm auch die beiden Gründungsmitglieder Michael Herberger und Billy Davis. Zusätzlich verließen noch H-Blockx-Sänger Henning Wehland und Tino Oac die Gruppe. Von nun an tragen Karim Amun und Giuseppe 'Gastone' Porrello den Hauptgesang. Ihre Stimmen definieren jetzt gemeinsam mit Michael Klimas, Dominic Sanz, Metaphysics, Marlon B., Claus Eisenmann und Rolf Stahlhofen den Sound. Die instrumentale Basis bilden Kosho und Andreas Bayless an den Gitarren, Florian Sitzmann an den Keyboards, Ralf Gustke an den Drums und Edward Maclean am Bass, zugleich der musikalische Leiter der Söhne Mannheims. Ein Album soll im Frühjahr 2021 erscheinen.
Mit Söhne Mannheims Jazz Department existiert noch ein zusätzliches Projekt. Das präsentiert sich in reduzierter Besetzung aus Klimas, Maclean, Kosho und Gustke, zusätzlich ergänzt durch eine neue Sängerin: Stephanie Phalleé Neigel. Der Fünfer bringt sein selbstbetiteltes Debüt heraus. Das bietet neben den großen Söhne Mannheims-Hits im angejazzten Gewand auch zwei neue Stücke.
Das sorgt dafür, dass man problematischen Zeilen gar nicht erst begegnet. Zwar gibt die Band im neuen Stück "Alles Ist Schon Da" der Selbstoptimierungsmentalität in unserer Gesellschaft und der Schnelllebigkeit im Allgemeinen die Schuld an der ganzen Misere auf dieser Welt. Ansonsten bleibt der erhobene Zeigefinger größtenteils außen vor. So tragen die Lyrics über Liebe, Vertrauen, Gemeinschaft und die Verbindung zu Gott einen guten moralischen Kern in sich, kommen aber auch so bieder daher wie bei einem Kirchentag.
Ebenso harmlos fällt die Begleitung aus. So hört man hier und da mal ein wenig Piano-Geklimper vom Gastmusiker Ulf Kleiner, eine vor sich hinjaulende Gitarre und einen unmerklich brummenden Bass im Hintergrund. Mit Jazz hat das nicht allzu viel zu tun. Das erweist sich jedoch nicht unbedingt als Nachteil, schälen die Mannheimer damit die Feinheiten der Arrangements noch besser heraus als in der Vergangenheit.
Das beweist schon der Opener "Das Hat Die Welt Noch Nicht Gesehen", der auch zugleich den Einstand von
Phalleé markiert. Die erreicht zwar nicht die Emotionalität von deutschsprachigen Soul-Größen wie Cassandra Steen oder Joy Denalane, hält aber mit den verspielten Rhythmen und dynamischen Taktwechseln der Band mühelos mit. Weniger gut schlägt sich dagegen Michael Klimas, der im neuen Stück "Breathe" etwas zu melancholisch vor sich hin jault. Dafür kommt mit dem auf Englisch gehaltenen Refrain etwas mehr Leichtigkeit hinzu. Ansonsten hält glücklicherweise Neigel gesanglich das Zepter in der Hand, während sich Klimas hin und wieder mit ihr zum Duett trifft, was deutlich besser funktioniert, als wenn er ausschließlich solo singt.
"Wie Lange" hat dagegen durch die schnellen Akkordfolgen am Piano schon fast etwas Schmissiges. Die soulige Nachdenklichkeit des balladesken Originals bewahrt die Sängerin mit ihrer unaufdringlichen Stimmführung trotzdem. Dass Phalleé auch kraftvolle Töne beherrscht, davon zeugt das Duett "Geh Davon Aus", wenn sich ihre Stimme zu angerockten Gitarrenklängen und abendlichem E-Piano emotional in die Höhe schraubt. Weiterhin betont die Band instrumental immer wieder die feinen Taktverschiebungen und das Wechselspiel aus zurückgenommenen Strophen und rockigem Refrain.
Am genialsten gestaltet sich allerdings "Zurück Zu Dir", das man komplett für Metaphysics umarrangiert hat. Vom Original bleiben nur noch ein paar helle Piano-Tupfer übrig. Sonst ertönen bluesige Harmoniefolgen, über die Metaphysics seine kraftvollen Raps legt. Dabei zeigt er einen hervorragenden Stimmeinsatz und reichlich Variation im Flow. Im Grunde braucht sich diese Version hinter amerikanischen Jazz-Rap-Produktionen nicht zu verstecken.
2 Kommentare mit einer Antwort
Ein Konglomerat der Kretins... Naidoo, Wehland etc pp... Da kann der Rest aus guten Musikern bestehen, schon durch Sippenhaft unhörbar
Wie braun ist Xavier Naidoo?
In Melanin oder in Gedankengut?