laut.de-Kritik

Die Tribal-Dampfwalze rollt wieder.

Review von

"Ritual" ist eines dieser Alben, bei denen man sich sofort heimisch fühlt. Urwald-Percussion, der Schlachtruf von "Ratamahatta", das Riff von "Prophecy", die Energie von "Roots Bloody Roots" – fertig ist der Titeltrack. Mag sein, dass der Song ein Frankenstein-Monster bekannten Materials ist, aber er bringt das Schaffen Max Cavaleras auf den Punkt. Die Tribal-Dampfwalze rollt wieder – und überrascht stellenweise sogar.

Zum Beispiel kurz vor Schluss, als mit "Feedback!" ein bis zum Breakdown nahezu lupenreiner Motörhead-Track ansteht. Maxe besingt seine Hassliebe zum Tourleben, wo trotz verrottender Umkleidekabinen und kalten Wintern das Motto gilt: "Um, dois, três, quatro – not a fucking regret!" Der feinste Lyric-Schmied war der Brasilianer noch nie, Circlepits anheizen kann er. Fast alles schreit hier nach Live-Angriff. Wobei: Manchmal lohnt sich auch bei Soulfly auf die Texte zu hören. Abseits eher plumpen Parolen nähert sich Cavalera zum Beispiel der Flüchtlingskrise mit durchaus treffenden Worten: "When you're facing the end, your pilgrimage begins".

Die Hauptsache bei einem Soulfly-Album bleibt aber natürlich der Groove. Und davon gibts reichlich. Cavaleras Sohnemann Zyon hat am Schlagzeug ordentlich zu tun, wechselt Papa doch munter von Thrash ("Evil Empowered") zu Punk ("Under Rapture") zu Hardcore ("Bite The Bullet") zu Rock'n'Roll ("Feedback!"). Aufs Kopfnicker-Kopfticker-Gen der Cavaleras ist in jedem Fall Verlass, selbst im mit Black Metal kokettierenden Riffsammelsurium "Demonized", das strukturell leider etwas zerfasert gerät. Ähnlich ergeht es "The Summoning", allerdings punktet der Song gen Ende mit erstaunlich gut passendem Elektronik-Beat. Bei Soulfly ging es schon immer auch darum, verschiedene Kulturen und Stile zu vereinen – auf "Ritual" gelingt das hervorragend.

Dazu gehört auch die Tradition der Gastmusiker. Randy Blythe (Lamb Of God) und Ross Dolan (Immolation) haben diesmal das Aufnahmeritual überstanden und auch diese beiden integriert Cavalera für "Dead Behind The Eyes" und "Under Rapture" stimmig in den Soulfly-Kosmos. Mit Blythe webt er ein brutales Call-and-Response-Netz und huldigt dem Horrorfilmklassiker "Hellraiser" – dank abwechslungsreicher Komposition, zwingender, melodischer Riffs und durchschlagendem, mit vereinter Stimmkraft vorgetragenen Refrain einer der stärksten Songs der Platte.

Den besinnlichen Abschluss bildet wie üblich ein gänzlich ummetallisches Instrumental. Statt zum Fäusteballen regt der Groove von "Soulfly XI" eher zum Stehtanz an. Ein Jazz-Saxophon schmust am Ohr, die Percussion knistert wie Kaminfeuer, die Akustikgitarre lullt harmonisch ins Land der Träume. Kurzum: Soulfly ballen auf ihrem elften Studioalbum all ihre Tugenden.

Trackliste

  1. 1. Ritual
  2. 2. Dead Behind The Eyes
  3. 3. The Summoning
  4. 4. Evil Empowered
  5. 5. Under Rapture
  6. 6. Demonized
  7. 7. Blood On The Street
  8. 8. Bite The Bullet
  9. 9. Feedback!
  10. 10. Soulfly XI

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5 Kommentare

  • Vor 6 Jahren

    wird der übliche generische soulfly müll sein.
    daher natürlich ungehört 1/5.

  • Vor 6 Jahren

    Das beste Soulfly Album bis jetzt. Nach dem Oberhammer Psychosis legt Max Cavalera nicht einmal ein Jahr später mit diesem Album nach...Die Musik mag nicht wirklich abwechslungsreich sein, aber Spaß macht sie ohne Ende. Gehört 4/5.

  • Vor 6 Jahren

    Genau so egal wie die letzten vier bis fünf Alben. Zumindest für mich persönlich. Erstes Album: schönes Lebenszeichen, dass es nach Sepultura weiter geht. Zweites Album, meine Lieblingsscheibe, groovy as fuck, tribal as hell. Herrlicher 00er-Jahre-"Crossover". Drittes Album unsterblich alleine aufgrund von Seek 'N' Strike und Darmals-Nostalgie-Studienzeit-Assi-Totalabsturz-Metalkeller-Bonus. Prophecy ebenfalls ein Highlight weil extrem abwechslungsreich und erste livehaftige Erfahrund mit der Band. Dark Ages hat danach auch hier und da seine Stärken, Conquer besicht nochmals durch einige unerwartet langsame, fiese Nummern, teilweise regelrecht experimentell, es regiert wieder verstärkt richtig unwiderstehlicher Groove. Danach beginnt beginnt der Abstieg mit Omen. Plötzlich eigentlich kein einziger nennenswerter Song mehr drauf. Enslaved - Tiefpunkt. Nicht einmal das Booklet wird noch irgendwie in der Hülle befestigt. Und das ist die limited edition. Ja hier spricht der vorsintflutliche CD-Käufer. Danach leichter Aufwärtstrend mit Savages und dem Wechsel zu NB. Der Nachfolger Archangel begeistert vor allem durch ein geschmackvolles Cover und eine Live-DVD. Eines recht bekackten Auftritts vom Hellfest. Gitarre: hat üblicherweise sechs Saiten. Maxe: lässt üblicherweise schon lange nur vier aufziehen. Spielt live: maximal zwei davon an. Aber auch nur an guten Tagen und wenn der Zahnersatz ordentlich sitzt. Neues Album: begeistert durch gelungenes Coverartwork. Doch Moment. Oh. Es ist ziemlich eng vom Letzten abgeleitet. Möglicherweise eine übriggebliebene verworfene Alternative. Wie die Musik auch: irgendwie egal. Rizzo wird's schon irgendwie richten. Ein wenig zumindest. Die letzten paar Alben hab ich mir nur noch der Vollständigkeit halber gekauft, weil halt alle limitierten Digis im Regal stehen. Der neueste Output reicht nicht einmal mehr dafür aus...

  • Vor 6 Jahren

    Ich gehe mit der Review mit, würde aber 5/5 geben. Für mich das beste Soulfly Album überhaupt. Ich finde es klingt immer abgedroschen aber das was Soulfly, oder halt Max Cavalera ausmacht findet man auf diesem Album wieder mit einer Hammer Produktion. Fans der von Sepultura Zeiten, der frühen Soulfly Scheiben, Freunde der Weltmusik-Sachen oder die Leute die sich auch mit den jüngeren Soulfly Platten einfach nur die Birne weich kloppen wollten... jeder wird meines Erachtens bedient. Ich finde das Album sehr detailreich. Man muss sich Zeit nehmen und auf die Feinheiten achten. Die Stärke liegt wie in der Review schon erwähnt aber, und das hat mir schon an CC‘s Psychosis gefallen, in der Verspieltheit der Genre. Das Album hat meine Erwartungen übertroffen.

    Ich glaube bloß das die Songs live null überzeugen können.

  • Vor 4 Jahren

    Ich verstehe die 4 Sterne nicht. Insbesondere das Intro von "Ritual" ist, wie in der Rezi erwähnt, ziemlich frech.

    Da man allerdings davon ausgehen kann, dass MC mal wieder mit viel Energie und Hingabe dabei ist, gibt es 2 Gnadensternchen für den typischen schrumm-schrumm-ich-bin-so-durchgeknallt-Durchschnitt.