laut.de-Kritik

Der quadratische Anti-Held der Pop-Welt eckt wieder mal an.

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Groß sind die Fußstapfen, die seine Schwammheit SpongeBob vorgelegt hat, in schwindelerregende Höhen geschraubt die Erwartungen an den Anti-Helden unserer Pop-Landschaft. Diese flutet der gelbe Schwamm auf seinem "Superbob-Album" mal wieder mit Texten, Beats und überbordenden Hooks, die unterschwellig so tiefschürfend geraten, dass der Meeresgrund das einzig passende Setting dafür liefert.

Zeitgleich zur Rückkehr auf die Film-Leinwand stellt diese Platte auch die musikalische Rückkehr des von Ruhm und Ahoi-Brause berauschten Schwammkopfes zu alter Stärke dar. Das beweist allein die Abkehr vom konzeptuellen, narrativen Rahmen, der einer Kuration eigenständiger Neu-Interpretationen Platz macht. Ist das die Reife, die Adoleszenz des Künstlers, der seine Eskapaden endgültig hinter sich gelassen hat, oder hat SpongeBob nach seiner gelben und blauen Schaffens-Periode nichts mehr zu erzählen?

Weit gefehlt, denn die Eigen-Versionen "Am Meeresgrund" ("Ein Hoch Auf Uns") oder "Bargeldlos" ("Atemlos") verweisen abermals in gewohnt subversiver Manier auf die Schieflage des Deutsch-Pop, die 2014 von Schlager-Einschlägen verursacht wurde. Eine Reflektion, die sich unter Wasser verklärter anstellen lässt denn andernorts.

So schickte der gelbe Crooner in "Bargeldlos" nicht ohne Kalkül den habgierigen Mr. Krabs vor, der die Moneten für seine Burger bar auf die Kralle, bzw. die Schneider fordert: Eine Kommerz-Kritik mit Wortwitz. Denn SpongeBob fragt gespielt ahnungslos an einer Stelle nach der Betonung des Wortes 'Bargeldlos', was die verhandelte Dialektik auf den Punkt bringt, die auch als Anlehnung an den Hit von Frau Fischer zu verstehen ist. Der implizierte Seitenhieb in Richtung der Sängerin richtet sich aber natürlich auch gegen die Fischer-Vergangenheit ihrer Vorfahren.

Der quadratische Schwamm eckt an, aber rebelliert auf der Meta-Ebene. Hip Hop-Perlen wie "Flüdelüdel" oder "Ich Bin Happy" lockern auf, dennoch dominiert auch da das Motto: 'Gute Miene zum bösen Spiel' und hält damit die Make-Up-Fassade der zeitgenössischen Chart-Kultur polemisierend hoch.

Selbst in seiner Ananas im beschaulichen Bikini-Bottom lässt dem umtriebigen Superbob dieses Thema keine Ruhe. Seine Insomnie verarbeitet er in "Ich Lieg Noch Wach". Die Folge einer Resignation gegenüber dem System, die in der zweiten Hälfte des Albums zunehmend um sich greift. Auf "Schokolade" flüchtet sich der Schlaflose in ein Leben als Schokoladen-Verkäufer an der Seite seines Seestern-Kumpels Patrick. Eine Fata Morgana des Heilsuchenden im Haifischbecken seiner Zunft, deren Speerspitze Leute wie Andreas Bourani formen.

Die sinistre Liebesbekundung "Du Bist Da" an seine Schnecke Gary spiegelt da treffend die Schattenseiten des Blitzlichtgewitters wieder und ist gleichzeitig eine Ode an die Heimat, die den Schwamm fernab vom Trubel um seine Person auf dem Boden hält. Hilfesuchend richtet sich die als Frage formulierte Wiederaufnahme "Bist Du Da, Thaddäus" im Sirtaki-Stil an seinen Tintenfisch-Freund. Doch Thaddäus' Tür bleibt zu.

Und so driftet der Schwamm ab in geistige Umnachtung. "Ich Find Die Hose Nicht" gibt ein entblößendes Zeugnis seines Scheiterns ab. Er scheint gekentert, Leck gelaufen, nur noch "der Schatten des Schwamms, der ich war" zu sein, sinniert der senil wirkende von Löchern innerlich Zerfressene da. Und doch rettet sich der Sänger letztlich aus seinem Malheur und stellt fest, dass sich seine Hose die ganze Zeit an seinem Körper befand.

Die finale Kehrtwende ist damit doch noch geschafft, die Krise des Helden doch überstanden, die Fallhöhe stimmt, dramaturgisch top. Im Abgesang des Schluss-Trios singt er sich dann sogar doch noch fast in den Schlaf und findet zu innerer Seelen-Ruhe. Nicht allerdings ohne noch mit dem dadaistischen "Hiddentrack" und einem durchgehaltenen Bariton-Ton ein lautmalerisches Bild unserer monotonen Mainstream-Musik von heute zu zeichnen.

Trackliste

  1. 1. Bibabo... (Intro)
  2. 2. Titelsong (XXL-Version)
  3. 3. Flüdelüdel
  4. 4. Ich bin happy
  5. 5. Am Meeresgrund
  6. 6. Ich lieg noch wach
  7. 7. Bargeldlos
  8. 8. Patrick macht Pogo
  9. 9. Krabulette
  10. 10. Du bist da
  11. 11. Schokolade
  12. 12. Schneckentanz
  13. 13. Bist du da, Thaddäus
  14. 14. Ich find die Hose nicht
  15. 15. Der Dadada-Walzer
  16. 16. Bibabobmusik (Feuerwerkssinfonie)
  17. 17. Hiddentrack (SuperBob Album)

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8 Kommentare mit 5 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Sein 5. Album zu veröffentlichen kurz vorm Movie Soundtrack riecht stark nach Kommerz. Ausverkauf im Hause Schwammkopf?

  • Vor 9 Jahren

    Man kann Mr. Square Pants einiges vorwerfen, doch sell out mag ich beim besten Willen nicht erkennen. Ob dieses Album an Klassiker wie das "Blaue Album" herankommt, mag dahingestellt bleiben. Dafür ist der der Schwamm auf seinem jüngsten Elaborat musikalisch so sehr bei sich und seinen Wurzeln, wie schon lange nicht mehr. Progrock at its best.

    Bitte mehr davon. Von mir gibt es klare 5/5.

  • Vor 9 Jahren

    Ich finde, schnöde Coversongs sind Talentverschwendung beim Bobbele. :(
    Ja, teilweise gewitzt interpretiert und von der Komposition her recht vorzüglich, aber man kann ihm schon Geldmacherei vorwerfen. Ich meine, es ist ja kein Geheimnis, dass sein heftiger Konsum und die anschließende einjährige Entzugstherapie ihn fast in den Ruin getrieben haben, dazu ist "Mein Gedudel" (leider!) heftig gefloppt, weil insgesamt zu sperrig für die Massen. Naja, immerhin hat er das alles schön selbstironisch in "Bargeldlos" verarbeitet.

    Bin umso mehr gespannt auf seine Filmbiografie und den persönlichen Soundtrack dazu!

  • Vor 9 Jahren

    Andreas Bourani zu covern, zeigt mal wieder, dass Sponge sich nicht scheut, auch mal Risiken einzugehen. Typisch für ihn. Außerdem füllt er Kreuzfahrtschiffe und seine letzte Tournee war nach fünf Minuten ausverkauft. Da sieht man auch mal darüber hinweg, dass er im Suff letzten Sommer Sandy böse vermöbelt hat. Er ist halt auch nur ein Schwamm.

  • Vor 9 Jahren

    Ja was bekommen wir hier? Was soll ich sagen?
    Schon das Album-Cover verrät viel - wusste Sponge auf den vorherigen Platten nie so ganz genau wo er eigentlich hinwollte, zeigt er sich auf dem Coverbild der neuen Scheibe aggressiv, vor Kraft strotzend und die Richtung vorgebend - nach oben soll es gehen!

    Im Vorfeld meinten ja schon einige, dass Sponge es nicht mehr bringt.
    In dem kurzen Intro "Bibabo", welches ruhig etwas länger hätte dauern können, kündigt der Schwamm seinen Kritikern direkt an "Nein, das ist nicht das Ende, niemals, dann nehmen wir unser Schicksal selbst in die Hand!"

    Danach steigen direkt Mr. Krabs, Sandy und natürlich Sponge's größter Homie, Patrick, mit ein und zeigen - wie es sich für einen Titelsong gehört - wo die Reise hingeht.

    "Flüdelüdel" holt erneut Patrick mit ins Boot und walzt mit Megabass alles platt, gezielte Stiche zur aktuellen HipHop-Szene inklusive ("Mannomann irgendwas läuft verkehrt … irgendwo müssen doch die Töne sein…")

    Es folgt die Vorabsingle "Ich bin Happy" welche einen wieder durchatmen lässt.

    Dann wird's melancholisch - "Am Meeresgrund", "Ich lieg noch wach", "Bargeldlos" - auch Sponge ist nur ein Typ, der mit dem gleichen Shit zu kämpfen hat wie jeder andere, Star hin oder her.

    Es wird aber wieder positiver im weiteren Verlauf des Albums… "du kannst durch die Wände gehen, dich verlieben, Farben sehen" - ob Bob's Schokolade weißes Pulver ist, oder planzlichen Ursprunges bleibt eher Nebensache. Er findet jedenfalls einen Weg mit sich und der Welt irgendwie klar zu kommen.

    Dann irgendwann der dirty-mind Song "Schneckentanz": "Schlanke Körper strecken sich im Glanz, voller Eleganz…" "…das quitscht und flutscht … und rutscht", hier hätte wohl auch ohne Probleme Peaches als featuring guest auftreten können.

    Am Ende heißt es dann "Für uns soll der Rest dieses Abends ein Feierabend sein" und man muss erstmal dieses epochale Werk verarbeiten.

    So richtig ankommen tut das Album aber erst nach dem achten bis neunten Durchlauf. Dann mach es irgendwann Klick, und man fängt an die vielschichtigen Texte und Melodien richtig zu verstehen.

    Ganz oben ist Bob mit dieser Scheibe meiner Meinung noch nicht angekommen, aber er hat sich nochmal immens gesteigert und ist dem Thron verdammt nahe gekommen.

  • Vor 9 Jahren

    Bereits jetzt die Platte des Jahres. Was soll den danach noch kommen? Der Spongemeister verteilt Nackenklatscher und hinterlässt verbrannte Erde und Gehirne. Wahnsinnstrip. Man kann sich nur verneigen.