laut.de-Kritik
Der Commander lässt die Raketen tanzen.
Review von Theo HönigSven Väth hält nun schon zum neunten Mal Rückschau auf ein vergangenes Technojahr. Das Konzept der Sound Of The Season Reihe ist so bekannt wie bewährt. Auf einem Silberling mischt Väth dampfenden Clubsound ab, der andere lässt es ruhiger angehen.
Der Blick aufs Cover ruft erst mal Stirnrunzeln hervor. Eingehüllt in eine Aura aus knalligen Komplementärfarben steht Väth da wie Commander Cool vom andern Stern: Spacehelm und schwarze Lederjacke, den Kragen hochgestellt, den ernsten Blick fest nach vorne gerichtet. Die behandschuhten Hände in Pistolenpose erhoben sind Tanzgeste und Richtungszeiger zugleich.
Die "Disco" betitelte erste CD beginnt mit straightem aber verhaltenem Beat und entrückt schwebenden Synthies. Der Hörer wird dabei in die unendlichen Weiten klassischer Sci‑fi Orchestrierung versetzt und treibt vor sich hin. Matthew Johnsons "Symphony For The Apocalypse" lässt es ruhig angehen. Nur langsam verdichtet sich der Sound. Schicht um Schicht fügt sich aufeinander.
Nach relaxten viereinhalb Minuten wird dann die harmonische Atmosphäre des Intros von mächtig schräger Distortion gestört. Und man ist mitten drin im Club, mitten im All, mitten im wo auch immer. Stampfende Beats und verspulte Leads lassen keine Atempause zu. Die Sounds ufern aus, sind stürmisch und verwirrt, laufen dann wieder zusammen zur klaren richtungweisenden Melodie.
Väth tut hier das, was auch gute DJs viel zu oft vergessen: Er erzählt eine Geschichte. Das auf den ersten Blick peinlich wirkende Cover macht jetzt Sinn. Commander Väth steuert diese Rakete. Er heizt durch Kometenstürme und Asteroidenschauer, um dann wieder völlig entspannt auf dem Leitstrahl durch die Milchstraße zu cruisen.
Dabei zieht er das volle Techno- und Trance-Register. Wabernde Arpeggios und tribal Drumming bei "Subtellite" (Timo Maas) oder pumpende Bässe wie Radioslaves "Grindhouse" im Dubfire Remix. Immer wieder hört man fließende Melodien und jede Menge Geknarze - abwechslungsreich zusammengemischt unter dem Leitmotiv: nach vorne weg und gibs ihm!
Auf "Invaders" entführt uns Commander Väth dann in Tech- und Deephouse-Gefilde. Die Reise geht immer noch durchs All, vorbei an pulsierenden Stimmsamples in Anthony Collins Track "Reeves" hin zu den dramatisch durch den Raum schwingenden Streichern von Kollektiv Turmstrasse.
Der ganze Mix ist von sphärisch groovenden Arrangements geprägt, denen die gute alte Bumm-Tschack Formel zugrunde liegt. Dabei trifft Väth eine so heimelige Stimmung, dass es wohl nichts gibt, was man zur CD nicht machen kann: tanzen, chillen oder Autofahren, hier wird der richtige Nerv getroffen.
Den Titel "Invaders" wählte Väth bewusst, greift er bei diesem Mix doch bevorzugt auf Platten von Newcomern zurück, etwa SIS, Johnny D und Reboot, junge Talente aus der Rhein-Main-Gegend, die bei aufstrebenden Labels wie Oslo und Connaisseur veröffentlichen.
Damit nicht genug spendiert er mit dem Leipziger DJ und Produzenten Sven Tasnadi oder dem Duo Pigon auch noch einen Einblick in aktuelle deutsche Interpretationen des klassischen Motor City Sounds.
Insgesamt ist The Sound Of The Ninth Season eine sehr gelungene Mix Doppel-CD, die die gesamte Bandbreite von Techno einfängt und dem Anspruch eines Jahresrückblicks gerecht wird.
1 Kommentar
schöne kritik - trifft es schon ziemlich genau was man hier auf die ohren bekommt
kann ich nur bestätigen, das ding ist ein ritt mit kristallklaren synthies und knackigen bässen...