laut.de-Kritik
Lieber Smartphone-Tipperei als tiefsinnige Gespräche: Der House-Segen hängt gewaltig schief.
Review von Laura SprengerGanz schön ausgefuchst, diese House-DJs: Statt sich direkt aufzulösen, gibt die Swedish House Mafia ihren Fans in 50 Shows eine allerletzte Chance, sie live zu erleben. Andere trennen sich sofort und vereinigen sich dann noch fünfmal, um auf Reunion-Tour zu gehen. Bei den Schweden hat man aber wirklich das Gefühl, nach der Tour sei der Käse gegessen.
Festgehalten wurde die "One Last Tour" in einer gut neunzigminütigen Dokumentation. Mit einer genretypischen Aufnahme von Axwell, Steve Angello und Sebastian Ingrosso auf einem weißen Speedboot mitten im Ozean startet das Spektakel. Im Hintergrund läuft selbstverständlich Progressive House und bereitet einen schon mal auf die musikalische Untermalung sämtlicher Ereignisse vor. Die Illusion der fancy Houseband wird allerdings nicht lange aufrecht erhalten, denn die Band kämpft mit internen Spannungen, wie Interviews verraten.
Dennoch bleibt die Reise durch Europa, Asien und Amerika erstaunlich unemotional. Vermeintlich private Aufnahmen drehen sich häufig um Oberflächlichkeiten und die Wohnzimmer-Aufnahmen mit Ehefrau und Kind wirken gestellt. Sequenzen im Hotelpool, backstage oder im Tourbus sind rar und gehen inhaltlich nicht in die Tiefe. Reden scheint des House-DJs Lieblingsbeschäftigung nicht zu sein: Meistens ist irgendjemand mit seinem Smartphone beschäftigt. Wenigstens Ingrosso bemüht sich noch um prollig-lustige Sprüche.
Der House-Segen hängt offenbar mächtig schief: Auch in vermeintlich spaßigen Momenten wie Skifahren in Österreich oder einem Zoobesuch entsteht stets der Eindruck von unausgesprochenen Problemen zwischen den Mafia-Mitgliedern. Einzig auf der Bühne scheinen alle Unstimmigkeiten vergessen: Wenn das schwedische Trio in bester Reservoir-Dogs-Zeitlupen-Manier auf die Bühne schreitet, empfängt man es wie den Papst auf seinem Balkon.
Die eingestreuten Kommentare der hysterischen Fans lassen vermuten, dass sich im Sprühnebel bewusstseinsverändernde Substanzen befinden. Aber vielleicht ist es auch einfach die Magie der House-Musik, die sich einem als Fernseh-Zuschauer leider entzieht. Wahrscheinlich muss man das live erlebt haben, denn wenn einen die Musik schon nicht wegballert, dann kann einem die ausgeklügelte Kombination aus Pyrotechnik und 3D-Leinwand auch nüchtern einen Trip bescheren.
Interessant ist allerdings ein Interview mit Axwell, in dem er darüber sinniert, ob sich die Swedish House Mafia in Zukunft in einer Fernsehshow über One-Hit-Wonder wiederfinden wird. Überhaupt liegt der Fokus etwas zu stark auf "Don't You Worry Child", das bei jeder sich bietenden Gelegenheit angespielt wird. Nach etwa der Hälfte des Films findet eine Rückblende statt, die die Bandmitglieder beim Aufnehmen ihres Superhits in Australien zeigt. Schon hier spürt man die internen Spannungen. Die Wege der drei werden sich nach der "One Last Tour" wohl nicht mehr häufig kreuzen.
Aussagen wie "Es wurde einfach zu dieser Maschine, diesem Monster" und "[abseits der Bühne] ist diese Leere wieder da" lassen vermuten, dass die Gruppe mittlerweile nicht mehr aus Leidenschaft musiziert, sondern weil ihr gemeinsames Projekt zu groß geworden ist, als dass man es einfach so abbrechen könnte. Gegenseitige Anschuldigungen, nicht jeder gebe 100 Prozent, verdeutlichen diesen Riss noch. Gegen Ende der Doku kommt neben den drei DJs deren Managerin zu Wort: "Ich glaube, wir alle möchten lieber glücklich sein, als in der Swedish House Mafia zu sein" - die Kuh muss aber wohl gemolken werden, solange die Milch noch warm ist.
Finanziell dürfte es sich definitiv gelohnt haben: Nach einer Stunde waren bereits über eine Millionen Tickets verkauft. Das Ende der Tour führt die Schweden quer durch Amerika. Das Abschlusskonzert in Miami beim Ultra Music Festival kommt ein bisschen kurz, bedenkt man, dass es das Ende der erfolgreichen Karriere markiert.
Überhaupt hätte man den Fokus mehr auf die Shows legen sollen, die man sich auch als Nicht-House-Fan durchaus anschauen kann - bunt und knallig sind sie allemal. Ein bisschen Feuerwerk hier, ein paar Flammenschwerter da und der wiederkehrende Slogan "We came, we raved, we loved!" beenden Tour und Dokumentation. Fans dürften von ihren Helden abseits der Bühne enttäuscht sein, für alle anderen ist die Dokumentation vor allem eins: Ziemlich öde.
2 Kommentare mit einer Antwort
"Swedish House Mafia", ein Oxymoron, was seinesgleichen sucht und wohl nur von "Mexican Justice System" übertroffen wird.
Warum hat sich David Guetta denn noch nicht getrennt