laut.de-Kritik
Endlich hört man Ringo!
Review von Ulf KubankeAusgerechnet die größte Band aller Zeiten hatte echte Probleme mit der Aufnahme von Liveplatten. "Live At The Hollywood Bowl" ist ein Mittschnitt legendärer US-Gigs der Beatles anno 1964/65. Die Konzerte begründeten schlagartig ihren Weltruhm. Die erstmals 1977 erschienene Konserve hingegen blickt auf eine kuriose Leidensgeschichte voller Pech und Pannen zurück.
Die aktuelle Wiederveröffentlichung heilt jedoch alle früheren Wunden und fungiert zugleich als Soundtrack zur gleichnamigen Filmdoku Ron Howards. Damals stand bei der Aufnahme lediglich ein prähistorisches Dreispurgerät zur Verfügung: Man zwängte Stimme, Gitarre, Bass und Drums darauf und erzielte ein desaströses Soundergebnis. Besonders schlecht kam Ringos Drumming weg. An zu vielen Stellen hörte man ihn kaum.
Weitere Bedingung of Showbiz war die buchstäblich ohrenbetäubende Lautstärke tausender ausgeflippter Fans zwischen manisch und panisch. Sir George Martin:"Das Gekreische aus 17.000 gesunden, jungen Lungen hätte sogar einen Jet übertönt". Für die Fab Four bedeutete dies, weder die eigenen Vocals noch die eigenen Instrumente zu hören. Man spielte quasi taub. Umso erstaunlicher ist dann die spielerische Klasse, mit der sich Lennon und Co. aus der Affäre zogen.
Doch jetzt ist aller Unbill Geschichte, vor allem ein Verdienst von Produzent Giles Martin und Toningenieur Sam Okell. Gemeinsam mischten und masterten sie die Aufnahmen in den Abbey Road Studios neu. Das Ergebnis kann sich mehr als hören lassen. Sicher, von ehemals verunglückten Aufnahmen, die mehr als ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel haben, darf man keine audiophilen Wunder erwarten. Umso erstaunlicher, dass beide ein zumindest kleines Mirakel vollbrachten.
Vor allem Ringos Drums holt die Neubearbeitung endlich aus der musikalischen Kommunikationsquarantäne heraus. "Ticket To Ride" (von "Help") oder "Can't Buy Me Love" (von "A Hard Day's Night") entfalten durch die präsenteren Trommeln eine wesentlich bessere Dynasmik als die zuvor erhältliche Variante von 1977. Als besonderen Anspieltip zum Vergleich empfehle ich die endlich gut hörbare Fassung von "Things We Said Today" (ebenfalls "A Hard Day's Night").
Als besonderes Schmankerl gibt es vier bislang offiziell nie veröffentliche Tracks. Hier zelebrieren die Beatles unter anderem ihre Zuneigung zu Carl Perkins. Man hört deutlich, wie wichtig und ursächlich der Rock'n'Roll-Pionier als Einfluss für sie war. Zum Ausklang gibt es noch das im Walzertempo dahingleitende "Baby's In Black" (von "Beatles For Sale"). Eine unbedingte Kaufempfehlung für dieses musikhistorisch so bedeutende Kleinod.
1 Kommentar
Nachdem zu dieser von mir lang erwarteten Liveplatte noch keiner was geschrieben hat sag ich mal was dazu. Wie in der Kritik geschrieben wurde ist es unglaublich, dass gerade die Beatles es nicht hinbekommen haben früher ein livealbum aufzunehmen aber was lange wert wird endlich gut.
Traurig ist nur das Cover. Das es als Soundtrack zu einem Konzertfilm herhalten muss und man nicht die LP Coverversion genommen hat. Aber trotzdem ein gutes Album.