laut.de-Kritik
Launisches, aber immerhin kunterbuntes Zeitdokument.
Review von Sven KabelitzHi-Hi-Hilfe! Wenn Filme zu reinen Vehikeln in der Vermarktungstrategie rund um die Karriere erfolgreicher Musiker mutieren, endet dies oft schmerzhaft. Egal ob es sich dabei um Madonna ("In Bed With Madonna"), die Spice Girls ("Spiceworld"), The Fat Boys ("Das Chaoten-Team") oder Trio ("Drei Gegen Drei") handelt. Wenn wir ganz ehrlich zu uns selbst sind, erreicht "Help!", der nun auch auf Blu-ray erscheint, ohne seine vier Hauptdarsteller ein nur überschaubar höheres Niveau.
Wie "A Hards Day's Night" entstand "Help!" unter Richard Lesters Regie ("Wie ich den Krieg gewann", "Robin und Marian", "Superman II", "Superman III"). In seinem Verlauf reihen sich zwei bis drei gelungene bizarre Prä-Monty Python-Szenen ("Intermission"), Wortspielereien, manch spätpubertäre Albernheit sowie gelegentliche Fremdscham aneinander. Ohne die glorreiche Musikkarriere der vier Protagonisten hätte sich wohl kaum noch jemand für eine Blu-ray-Veröffentlichung interessiert. Es bleibt nicht viel mehr als ein netter Kinderfilm, bunt wie ein Bällchenbad.
Ebenso hanebüchen wie unwichtig dient die Story des zweiten Beatles-Film einzig und allein zur Überbrückung der lästigen Zeit zwischen den Szenen, die eigentlich interessieren. Hier: um die Fab Four von Lied zu Lied zu führen. Der talentierte Mr. Starr bekommt von einer unbekannten Verehrerin einen dicken, fetten, roten Klunker geschenkt. Nachdem er es sich nicht nehmen lässt, dieses hässliche Kaugummiding überzustreifen, beginnt eine skurrile Verfolgungsjagd mit fanatischen Priestern, verrückten Wissenschaftlern, hübschen Mädchen und viel Musik. "Warum liegt hier überhaupt Stroh 'rum" "Warum hast du eine Maske auf" "Na, lass uns doch Musik machen."
Sicherlich hat sich das Humorverständnis innerhalb der letzten 50 Jahren sehr verändert. Doch zeitgleich oder sogar noch vor "Help!" erschienen komödiantische Perlen wie "Eins, zwei, drei", "Die Maus, die brüllte", "Der Hofnarr" oder gar "Dr. Seltsam, oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben", die alle auch 2013 noch zünden. Der zweite Film mit John, Paul, George und Ringo sinkt hingegen in seinen schwachen Momenten auf das Niveau einer eher schlechten "Carry On"-Klamotte, die wohl nur noch hartgesottene Nostalgiker schätzen. Von den Inspirationsquellen "Goon Show" und "Die Marx Brothers im Krieg" bleibt nur selten etwas hängen.
Neben der zeitlosen Musik überzeugt vor allem Kameramann David Warkin. Im Jahr zuvor zeichnete er noch für die Aufsehen erregende Titelsequenz des dritten James Bond Abenteuers "Goldfinger" verantwortlich. In "Help!" kostete er die für ihn neuen Möglichkeiten des Farbfilms aus. Er experimentierte mit reflektierendem Licht, schnellen Schnitten, Farbabweichungen und Schärfeeinstellung. Vieles davon hatte maßgeblichen Einfluss auf die spätere Entwicklung von Musikvideos und Bandfotografie. Besonders in den Studioaufnahmen von "You're Going To Lose That Girl" und dem närrischen "You've Got To Hide Your Love Away" gelingt ihm Beeindruckendes.
Ein wirkliches Ärgernis stellt das Fehlen einer deutschen Tonspur dar. Man mag von Rainer Brandts Synchronisation halten, was man mag. Sicherlich gehen mit seiner schnodderigen Ausdrucksweise viele der Wortspiele verloren, und nicht jeder mag die Beatles auf dem Niveau eines Bud Spencer und Terence Hill-Streifens sehen. Der Mehraufwand, diese mit auf der Blu-ray anzubieten, wäre jedoch gering gewesen. Dem Käufer die Sprach-Wahl diktatorisch aus der Hand zu nehmen, bleibt daher eher ungeschickt.
Die Beatles selbst, allen voran John Lennon, zeigten sich von dem Endprodukt nicht sonderlich begeistert. Das hinderte die Fanscharen 1965 jedoch nicht, wie entfesselt in die Kinos zu stürmen. Zu der Blu-ray Veröffentlichung mit deutlich verbessertem Bild und Ton finden sich sicherlich wieder genug zahlungsbereite Liebhaber und Sammler. Setzt man die Fanbrille ab, bleibt nicht mehr als ein launisches, aber immerhin kunterbuntes Zeitdokument.
4 Kommentare
Ihr habt ja keine Ahnung! Die Beatles sind unerreichbare Legenden und alles was sie jemals herausgebracht haben ist revolutionär und schlichtweg genial! (Ironie off)
(Ironie off) Ihr habt ja keine Ahnung! Die Beatles sind unerreichbare Legenden und alles was sie jemals herausgebracht haben ist revolutionär und schlichtweg genial!
Ich will bloß mal kurz anmerken, dass die Synchros von den Spencer/Hill-Filmen genial sind und eine der wenigen ihrer Art, die die Originalspuren um Längen schlagen!
Um was zum Thema beizutragen: Ich kenn den Film nicht, die Musik ist genial, aber ich werde einen riesen Bogen um dieses Machwerk visuellen Genusses machen.
@Basch (« Ich will bloß mal kurz anmerken, dass die Synchros von den Spencer/Hill-Filmen genial sind und eine der wenigen ihrer Art, die die Originalspuren um Längen schlagen!. »):
Das mag für die reinen Haudrauf-Klamauk-Filme stimmen. Aber spätestens wenn der Film selbst etwas zu erzählen hat, wie z.B. im Falle von "My Name is Nobody", ist die deutsche Synchro einfach nur anstrengend.