laut.de-Kritik
Die Australier packen ihre Gitarren zur Jamsession aus.
Review von Daniel StraubSich selbst zu vergessen ist eine beinahe überflüssige Handlungsanweisung zur neuen Platte der australischen Rockband The Church. Mit viel Feeling für psychedelische Arrangements gleitet der Sound von The Church auf ihrem aktuellen Album "Forget Yourself" mit melancholischer Leichtigkeit aus den Boxen und umschließt die Hörer wie ein nicht enden wollender akustischer Strom. So lässt man sich gerne fallen, vergisst sich für einige Momente und genießt es, vom Strom der Töne ein wenig fortgetragen zu werden.
Altersmüdigkeit oder Auszehrungserscheinungen sind bei The Church Fehlanzeige, trotz mehr als zwanzig Jahren im Musikbusiness. Vielmehr scheint die Band, seit sie Mitte der 90er eine tiefe Krise durchmachte und vorübergehend gar zum Duo zusammen schrumpfte, das neue Jahrtausend mit prall gefüllten Batterien anzugehen. Allein drei Alben seit 2000 legen davon beredt Zeugnis ab. Mit Cooking Vinyl wurde auch auf Labelseite endlich der passende Partner gefunden. Das alles findet seinen Niederschlag in der Stimmung von "Forget Yourself".
Die ist getragen von einer Gelassenheit, wie man sie alternden Musikern gerne zuschreibt. Steven Kilbey und Co. brauchen niemandem mehr was zu beweisen, das spricht aus jedem Ton auf "Forget Yourself". Jammen heißt stattdessen das Stichwort, unter dem sich The Church am besten verbuchen lassen. Ungezwungen entwickeln sich bei "Telepath" repetitive Strukturen, die dem Hörer Halt und Orientierung geben im vielschichtigen Klanglabyrinth.
In den größten Momenten von "Forget Yourself" verdichten sich die lose angelegten Ordnungsmuster zu Strophe und Refrain-Schemata, wie beim wunderschön traurigen "Lay Low", der unterkühlten Ballade "June" oder dem sphärischen "Don't You Fall". Mit zunehmender Dauer von "Forget Yourself" nimmt der Jam-Charakter immer mehr ab, und Songstrukturen gewinnen die Überhand, auch wenn sie sich nie in Pophymnen wie "Under The Milky Way" verwandeln. Das tut der Platte trotzdem gut und bietet etwas Entspannung nach der fordernden ersten Hälfte von "Forget Yourself".
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