laut.de-Kritik
Wer genau hinhört, dem wird der Atem genommen ...
Review von Vicky Butscher"This is My Music box / This is my home / Come in take a look if you like / Just you on your own"
The Cooper Temple Clause sind Meister der Dramaturgie und der Dynamik. Solch immense Schwankungen in ein Album, ja in jedes einzelne Stück zu bekommen, und dabei immer ein homogenes Ganzes zu schaffen, ist fast unmöglich. Und doch beweist "Kick Up The Fire ...", dass es zu machen ist. Die Songs verschmelzen teils ineinander - ohne auf den Player zu schauen, kann man nicht sagen, wann das nächste beginnt. Fast jeder Track ist gewagt, und doch birgt jedes einzelne Stück eine unglaublich schöne, wandlungsfähige Melodie.
TCTC in eine Stilrichtung einzuordnen, funktioniert nicht. Schon beim ersten Album war es schwer, da nun jedoch fast jeder Song die verschiedensten Stile durchläuft, ist Schubladendenken ausgeschlossen. Genauso der Gesang. Zunächst möchte man behaupten, er sei rotzig und schnodderig. Doch was ist mit den ruhigen Passagen? Da klingt die Stimme so klar und sehnsuchtsvoll, dass dem Hörer ein Schauer den Rücken herunter läuft. Wie beim zaghaften, zerbrechlichen "Into My Arms". Ich möchte weinen, so schön und traurig ist das. Doch dann bricht der Song plötzlich aus. Als wenn jemand aus Verzweiflung rasend wird. "One night is never enough with you / Please come back into my arms".
Genau so fragil ist "Music Box". Langsam tastet sich der fast statische Song an die sanfte Gesangsmelodie heran. Die Instrumentierung hält sich im Hintergrund, baut eine enorme Spannung auf, wird zum Stillstand zurück genommen und bricht dann aus sich heraus. Solche Entladungen sind charakteristisch für TCTC.
Gewandelt haben sich hingegen die Texte. Dienten sie auf dem Debüt vorrangig als zornige Sozialkritik, sind sie nun extrem persönlich. Und doch so offen, dass sich der Hörer seine eigene Geschichte dazu erfinden kann. Allerdings werden das keine schönen Fantasien sein, geht es doch vor allem um Verlust und verlassen werden. Die verzweifelten Lyrics berühren.
"There's so many friends to make". Hoffentlich. "Kick Up The Fire ..." ist keine leichte Kost. Man braucht einen langen Atem und muss genau hinhören, sonst macht das Album keinen Spaß. Doch der Aufwand lohnt sich. Wer genau aufpasst, dem wird der Atem genommen.
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