laut.de-Kritik

Drei Teenager kratzen gehörig am At The Drive In-Thron.

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Quizfrage: Was haben die deutschen Begriffe Kindergarten, Leitmotiv und Doppelgänger gemein? Richtig, sie alle avancierten zu Exportschlagern in Übersee. Und wie sichert sich eine junge Band die nötige Aufmerksamkeit im Plattenladen? Natürlich durch einen Albumtitel made in Germany. Wie Dredg schon vor Jahren, setzen The Fall Of Troy aus dem Kaff Mukilteo im Bundesstaat Washington auf den Exotenbonus.

Das umlautschwangere Majordebüt erschwert der amerikanischen Anhängerschaft die Suche im Internet allerdings völlig unnötig, denn dieser Bastard aus Post-Hardcore und Progressive Rock verdient auch so das Prädikat einzigartig. Von Beginn an zeigt Sänger und Gitarrist Thomas Erak, wohin jahrelanges Schmirgelpapierlutschen im besten Fall führt: Fernab von Harmonie und stringenter Rhythmik wütet er zu schwindelerregenden Gitarrenbreaks auf technisch allerhöchstem Niveau durch die fauligen Überreste einer zerbrochenen Beziehung. Die Blood Brothers lassen grüßen.

Mit "Act One, Scene One" stellt der Frontmann klar, dass er nicht nur keifen, sondern zudem singen kann. Seine Fistelstimme zollt Coheed And Cambria Tribut, während das ausgefeilte Songwriting zwischen brachialen Shouts, atemberaubenden Saitenfrickeleien und melodischen Pophooks die Genre-Wegbereiter At The Drive-In in Erinnerung ruft. Auch im Fünfminüter "The Hol[ ]y Tape" stecken Ideen für mindestens eine komplette Langspielplatte: Bund für Bund klettert Derwisch Erak nach einem irren Stop'n'Go-Vollrausch auf seinem Instrument in enorme Höhen, wo die Erlösung in Form einer wunderschönen Prog-Insel wartet.

Den roten Faden hier nicht aus den Augen zu verlieren, verlangt unbedingte Konzentration, wird aber immer belohnt. Der doublebassinfizierten Metalcore-Hölle im Kuriositätenkabinett "Whacko Jacko Steals The Elephant Man's Bones" [sic!] setzt das Abschlussepos "Macaulay McCulkin" die Krone auf. "The gun of lost shot through your soul, and all that's left is empty holes", keucht es hysterisch aus den Boxen. Und weil das Speed gerade aus ist, greift das dynamische Trio halt zum Löschblatt und zitiert den Mittelteil aus The Mars Voltas "Cicatriz ESP". Grandios.

The Fall Of Troy werfen eine formidable Sammlung Referenzen in die Trommel, schleudern alles heftigst kräftigst durch und halten am Ende eine eigenständiges und kompromissfreies Album in den Händen, das sich mehr als gewaschen hat. Umso bemerkenswerter, dass dieses abendfüllende Feuerwerk an Geistesblitzen aus den Federn von drei nicht einmal 20-Jährigen stammt, unglaublich die Fingerfertigkeit, mit der Erak, Ward und Forsman ihr Handwerk angehen. "Steckt uns nicht in die Screamo-Fashion-Schublade", bitten sie im Interview. Eine eher irrationale Angst. Schließlich bringt die Spannweite auf "Doppelgänger" zwangläufig jede Schublade zum Bersten.

Trackliste

  1. 1. I Just Got This Symphony Goin'
  2. 2. Act One, Scene One
  3. 3. F.C.R.P.E.M.I.X.
  4. 4. "You Got A Death Wish, Johnny Truant?"
  5. 5. Mouths Like Sidewinder Missiles
  6. 6. Hol[ ]y Tape...
  7. 7. Laces Out, Dan!
  8. 8. We Better Learn To Hotwire A Uterus
  9. 9. Whacko Jacko Steals The Elephan Man's Bones
  10. 10. Tom Waits
  11. 11. Macaulay McCulkin

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