laut.de-Kritik
Im Schaukelstuhl unter dem Vordach eines Farmhauses.
Review von Giuliano BenassiIn schwierigen Zeiten zeigt sich, was in einem Menschen steckt. Demzufolge entpuppten sich letztens einige US-amerikanische Angehörige der Musikbranche als Weicheier, denn die Liste abgesagter Europakonzerte wird seit den Flugzeugentführungen am 11. September täglich länger. Dazu gehören leider auch die Bands I Am Kloot und The Kingsbury Manx sowie der Sänger/Songwriter Howie Beck, die ihre gemeinsame Novembertournee in Deutschland aus Angst vor Anschlägen abgesagt haben.
Was im zweiten Fall besonders schade ist, denn The Kingsbury Manx versprechen mit ihrem neuen Album "Let You Down" live ein besonderes Erlebnis zu sein. Wie Calexico, als deren Vorband sie in der Vergangenheit aufgetreten sind, ist ihre Musik mehr Landschafts- und Atmosphärenmalerei als klassisches Songwriting. Während Calexico jedoch staubig-verwindete Wüstenbilder hervor rufen, liefern the Kingsbury Manx den Soundtrack zur Prairie. Man hat den Eindruck, im Schaukelstuhl unter dem Vordach eines Farmhauses zu sitzen, weit und breit nur goldgelbe Vegetation, ein blauer Himmel und vereinzelte große weiße Wolken.
Konkret gründet die Musik auf den Klang akustischer Gitarren. Die Finger schrammen über die Bünde, dabei entstehen schöne, nicht immer linear klingende Akkorde oder Notenfolgen. Die durch Harmonien verstärkte Stimme des Sängers wirkt beruhigend, wie auch das einfach gespielte Schlagzeug und die gelegentlichen Hammond-Noten. Insgesamt wird man immer wieder an Pink Floyd erinnert, insbesondere an "Animals"; glücklicherweise fehlt jedoch deren Bombast. "We Have tried / To simplify our lives" heißt es schon fast programmatisch auf "Undercover."
"Let You Down" und seine Atmosphären dürften relativ schwer am Lagerfeuer nachzuspielen sein. Bei einer Übernachtung unter den Sternen Nebraskas oder in den Dakotas sollte man also neben dieser CD auch den Ghettoblaster einpacken. Und auf der Reise einen Pit-Stop in Amsterdam einlegen.
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