laut.de-Kritik
Die Briten verlieren sich im Chaos.
Review von Andreas BättigFür eine Indie-Band ist das Älterwerden offenbar eine besondere Herausforderung. Schaut man auf die musikalische Entwicklung von Arctic Monkeys oder The Kooks, so lässt sich ein Muster erkennen: Auf der Suche nach musikalischer Reife verschwindet oft die zu Karriere-Beginn zelebrierte jugendliche Indie-Frische, was grundsätzlich nicht schlecht sein muss. Alex Turner zog es für seinen dunklen Stonerrock auf dem Album "Humbug" in die Wüste, Kooks-Sänger Luke Pritchard und seine Jungs widmeten sich nach ihrem starken Debüt "Inside In/Inside Out" unter anderem dem Pop. Eine Weiterentwicklung des Indie-Rocks waren beide Wege nicht.
Dass sich The Kooks noch immer nicht sicher sind, wo sie sich musikalisch verorten möchten, zeigt sich auf "Let's Go Sunshine" deutlich. Von allen Nachfolgealben ist es das chaotischste. Das hat sicher auch damit zu tun, dass es auf das Album nicht weniger als 15 Songs schafften. Zwischen amerikanischem 60s-Rock und Radiopop ist dann zwischendurch doch noch der seit ihrem Debüt von vielen so geliebte Lagerfeuer-Indie zu hören.
So zum Beispiel bei "Fractured And Dazed". Schon immer verlieh Luke Pritchards erotisch-lässiger Gesang den Kooks-Stücken ihren Sexappeal. Seine Stimme begleiten dichte und komplexe Gitarrenwände, die Alexis Nunez' treibende Drums flankieren. Deutlich komplexer und hymnenhafter kommt "Believe" daher, bei dem der Refrain kurz an Razorlight erinnert. "Picture Frame" ist ein wundervolles Schunkel-Lied mit Streichern, bei dem Pritchard alles aus seiner Stimme rausholt. Peter Doherty hätte es nicht verträumter singen können.
Doch dann gibt es eben auch die größenwahnsinnigen Songs. "All The Time" ist ein Dancefloor-Füller, der lässig anfängt und dann in einen Radiopop-Refrain mündet, der in seiner Schmalzigkeit so gar nicht zu den Kooks passt. Ein ähnlich überambitionierter Chorus ist bei "Four Leaf Clover" zu hören, in dessen Strophen Hugh Harris seine Gitarre immerhin ganz lässig in Johnny-Marr-Modest-Mouse-Manier aufheulen lässt. Komplett aus dem Rahmen fällt "Tesco Disco", in dem Pritchards Gesang sakral durchs Stück hallt, als stünde die Band in einer Kirche. Ebenso exotisch und eher wie ein zusammengeschustertes Kooks-Medley klingt "Initials For Gainsbourg".
"Weight Of The World" fängt ruhig und komplex an, baut sich gut zu einer Ballade auf, bevor eine Trompete die ganze Stimmung am Schluss wieder kaputt macht. Es bleibt ein Rätsel, warum die Briten sich dafür entschieden haben, 15 derart unterschiedliche Songs auf eine Platte zu packen. Zumindest wenn man unter einem Album ein Werk versteht, das in seiner Gesamtheit in sich stimmig sein sollte. Eine konsequentere Auswahl der Lieder hätte "Let's Go Sunshine" gut getan. Die pompösen Pop-Wolken stehen ihnen einfach nicht.
1 Kommentar
Klingt wie ‘ne B-Seiten-Sammlung aus der Zeit der ersten 3 Alben.