laut.de-Kritik
In Norah Jones' Sideprojekt klopfen grashalmkauende Cowboys den Takt.
Review von Sarah AckermannSie nennen sich die 'größte kleine Bar-Band New Yorks'. Versucht man aus diesem Titel eine Stimmung zu basteln, so denkt man an eine kleine, intime Hinterhofkneipe mit wackeliger Holzbühne, vor der grashalmkauende Cowboys sitzen und langsam den Takt der Lieder auf dem Tisch mitklopfen. Ja, dass klingt nach großer alter Welt, nach Gemütlichkeit und amerikanischer Bodenständigkeit.
Und ein Hauch dieser Stimmung schlägt sich auch nieder, wenn man Norah Jones' Side-Projekt The Little Willies hört. Die schon seit langem gut befreundeten fünf Musiker mieteten sich vor drei Jahren den Living Room an der Lower East Side, um zum ersten Mal gemeinsam aufzutreten. Seitdem spielt die Band mit der mehrfach ausgezeichneten Sängerin und Pianistin öfter in der kleinen Bar und wurde dadurch eine Art Geheimtipp der Stadt.
Natürlich ist Norah Jones Stimme so prägnant, dass sich eine gewisse Ähnlichkeit zu ihren Alben nicht verleugnen lässt. Doch das Debüt der Little Willies fordert den Hörer doch etwas mehr heraus als man es von einem reinen Norah Jones-Album gewöhnt ist. Dieser durchaus erfreuliche Umstand mag wohl auch damit zusammenhängen, dass neun der dreizehn Songs Coverversionen sind. Viele große Namen wie Kris Kristofferson, Elvis Presley, Townes Van Zandt, Hank Williams und natürlich das absolute Idol der Formation, Country-Sänger Willie Nelson, der der Band sogar als Namenspate diente.
Da kann eigentlich musikalisch nicht viel schief gehen. Die Interpretationen der fünf Musiker, die vom schrulligen Country-Swing "Roly Poly" bis hin zu "Love Me", das erstaunlich gut ohne den Schmelz von Elvis auskommt und neu in einer jazzigen Version glänzt, sind alle recht gut geglückt. Auch Cashs "Tennessee Stud" kommt etwas beschwingter als gewöhnlich daher. Die eigentliche Schwermutigkeit des Songs, entschwindet dank eines zerrenden Gitarrensolos und gespielter Leichtigkeit.
Natürlich setzt Norah Jones mit ihrer prägnanten, soften Stimme und ihrem Klavierspiel auch bei The Little Willies die Akzente. Doch das Salz in der Suppe sind gerade die Tracks, in denen sie gemeinsam mit Richard Julian ihr Können zum Besten gibt. Die wenigen eigenen Songs machen Lust auf mehr. Heraus sticht auf jeden Fall "Lou Reed", den Norah Jones zusammen mit ihrem Freund Lee Alexander und Julian geschrieben hat. Hier paaren sich Albernheit und Lässigkeit und verschmelzen kabarettreif zu einem gelungenen Song.
Auch wenn die 'größte kleine Bar-Band New Yorks' bisher nur ein reines Spaßprojekt war, so ein bisschen swingende Country-Stimmung passt auch ganz gut in die große alte Welt.
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